Schock

VonLevi D. Procter, MD, Virginia Commonwealth University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Juni 2022 | Geändert Dez. 2022
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Schock ist ein Geschehen der Organhypoperfusion mit daraus resultierender zellulärer Dysfunktion und Zelltod. Zu den Pathomechanismen können vermindertes zirkulierendes Volumen, reduzierter kardialer Auswurf und Vasodilatation sowie gelegentlich periphere Shunts mit Umgehung der Kapillarregion gehören. Die Symptome umfassen eine Veränderung der Bewusstseinslage, Tachykardie, Hypotonie und Oligurie. Die Diagnose wird klinisch gestellt, sie schließt eine Blutdruckmessung und gelegentlich den Einsatz von Markern für Gewebehypoperfusion (z. B. Laktat, Basendefizit) ein. Die Behandlung erfolgt durch Volumenersatz, einschließlich Blutprodukten falls erforderlich, Korrektur der zugrunde liegenden Störung und bei Bedarf der Gabe von Vasopressoren.

(Siehe auch Sepsis und septischer Schock.)

Pathophysiology of Shock

Die fundamentale Störung beim Schock ist die verminderte Perfusion lebensnotwendiger Organe. Ist die Perfusion erst einmal so weit vermindert, dass die Sauerstoffzufuhr zu den Zellen für den aeroben Metabolismus nicht mehr ausreicht, kommt es zum vermehrten anaeroben Stoffwechsel in den Zellen und damit ansteigender Kohlendioxidproduktion und Akkumulation von Laktat und erhöhten Blutlaktatwerten. Die zellulären Funktionen nehmen ab. Hält der Schock an, kann es zu irreversibler Zellschädigung oder zellulärem Tod kommen.

Im Schock können sowohl die Kaskade der Entzündungsmediatoren wie auch die Blutgerinnung in den hypoperfundierten Regionen getriggert sein. Hypoxische Gefäßendothelzellen aktivieren Leukozyten, die an das Endothel binden und dort direkt schädigende Substanzen (z. B. reaktive O2-Verbindungen, proteolytische Enzyme) und Entzündungsmediatoren (Zytokine, Leukotriene, Tumor-Nekrose-Faktor [TNF]) freisetzen. Einige dieser Mediatoren binden an Rezeptoren der Zelloberfläche und aktivieren den „nuclear factor kappa B“ (NFκB), der zur weiteren Bildung von Zytokinen und Stickstoffmonoxid (NO), einem wirksamen Vasodilatator, führt. Der septische Schock kann eine mehr entzündliche Verlaufsform als bei anderen Schockformen nehmen, weil dort die Wirkung bakterieller Toxine, maßgeblich der Endotoxine, dominiert.

Beim septischen Schock führt die Vasodilatation der Kapazitätsgefäße zum Blut-„Pooling“ und damit zur Hypotonie aufgrund der relativen Hypovolämie (einem zu großen Gefäßvolumen steht damit ein relativ gesehen zu geringes Blutvolumen gegenüber). Bedingt durch lokalisierte Vasodilatation wird Blut am Kapillarbereich vorbeigeleitet (Shuntbildung). Somit ist eine umschriebene fokale Hypoperfusion möglich, obwohl die kardiale Pumpleistung und der Blutdruck normal sind. Deutlich vermehrte Bildung von Stickoxid führt zur Umwandlung in Peroxynitrit. Diese freien Radikale führen zu mitochondrialer Schädigung und Abnahme der Adenosintriphosphat-Bildung. Die Durchblutung der Mikrogefäße einschließlich der Kapillaren ist reduziert, obwohl die Durchblutung der großen Gefäße im Falle des septischen Schocks aufrechterhalten bleibt. Die mechanische Verlegung der Mikrogefäße kann, wenigstens teilweise, zu einem verminderten Substratangebot an die Zellen führen. Leukozyten und Thrombozyten haften dem Endothel an. Gleichzeitig wird die Gerinnungskaskade aktiviert, und es kommt zur Ablagerung von Fibrin.

Zahlreiche Mediatoren verstärken gemeinsam mit der Dysfunktion der Endothelzellen die Kapillarpermeabilität. Somit gelangen Flüssigkeiten und zum Teil auch Plasmaproteine in den interstitiellen Raum (1–3). Im Gastrointestinaltrakt führt diese gesteigerte Permeabilität zur Translokation von Enterobakterien aus dem Lumen, möglicherweise mit der Folge von Sepsis und metastatischer Infektion.

Die Apoptose von Neutrophilen wird möglicherweise inhibiert, sodass es zur verstärkten Freisetzung inflammatorischer Mediatoren kommt. In anderen Zellen kann die Apoptose gesteigert sein. Vermehrter Zelltod und damit eine Verschlechterung der Organfunktionen sind die Folgen.

In den frühen Phasen des Schocks muss der Blutdruck nicht immer vermindert sein (obwohl es wahrscheinlich zur Hypotonie kommt, wenn der Schock nicht aufgehoben wird). Genauso wenig haben alle Patienten mit niedrigem Blutdruck einen Schock. Das Ausmaß und die Folgeerscheinungen der Hypotonie variieren mit dem Umfang der physiologischen Kompensationsmechanismen und der zugrunde liegenden Erkrankung. So kann eine milde Hypotonie, die von einem gesunden jungen Patienten gut toleriert werden kann, bei älteren Personen mit signifikanter Arteriosklerose zu einer schweren zerebralen Schädigung oder kardialen und renalen Dysfunktion führen.

Kompensation bei Schock

Wenn zu Beginn das Sauerstoff-Angebot (DO2) abnimmt, kompensieren die Gewebe dies durch eine verstärkte Sauerstoff-Extraktion. Der niedrige arterielle Druck triggert adrenerge Rezeptoren, die zu sympathikusvermittelter Vasokonstriktion führen und oftmals auch die Steigerung der Herzfrequenz bewirken. Eingangs ist die Vasokonstriktion nur selektiv und pumpt das Blut zum ZNS und Herz und weg von der Zirkulation in den Splanchnikusgefäßen. Die zirkulierenden beta-adrenergen Amine (Adrenalin, Noradrenalin) erhöhen auch die Kontraktilität des Herzens und lösen die Freisetzung von

  • Kortikosteroide aus der Nebenniere

  • Renin aus den Nieren

  • Glukose aus der Leber

Kortikosteroide verstärken die Wirkung von Katecholaminen. Renin stimuliert die Volumenretention und die Vasokonstriktion. Ein erhöhter Glukosegehalt steigert die Pyruvataufnahme in den Mitochondrien, was bei Sauerstoffmangel die Laktatproduktion erhöht.

Reperfusion nach Schock

Reperfusion bereits ischämischer Zellen kann zu weiterer Schädigung führen. Werden Substrate erneut eingeschwemmt, kann die Aktivität von Neutrophilen zunehmen, die Produktion von zerstörenden Superoxiden und Hydroxyradikalen weiter ansteigen. Nachdem der Blutfluss wiederhergestellt ist, können lokal konzentrierte Entzündungsmediatoren in andere Organe zirkulieren.

Multiorganversagen (Multiorgan-Dysfunktionssyndrom, MODS):

Die Kombination aus direkter und durch Reperfusion bedingter Schädigung kann zum MODS mit Funktionsausfall von ≥ 2 Organen als Folge einer vital bedrohlichen Erkrankung oder Verletzung führen. Ein MODS kann sich aus jeder Schockform entwickeln, findet sich aber meist im Zusammenhang mit Infektionen. Organversagen ist eines der typischen Kennzeichen des septischen Schocks. Ein MODS ergibt sich bei > 10% der Patienten mit schweren Traumata und ist häufigster Grund für einen letalen Verlauf bei den Patienten, die die ersten 24 Stunden überleben.

Tipps und Risiken

  • Das Syndrom der multiplen Organdysfunktion ist die fortschreitende Funktionsstörung von ≥ 2 Organen infolge einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung.

Jedes Organsystem kann betroffen sein. Das häufigste Zielorgan ist jedoch die Lunge. Hier führt die gesteigerte Membranpermeabilität zur Flüssigkeitsansammlung in den Alveolen und zu zusätzlicher Entzündung. Die fortschreitende Hypoxie ist oft refraktär gegenüber einem gesteigerten Sauerstoffangebot. Dies wird als akute Lungenschädigung oder bei entsprechend schwerer Verlaufsform als akutes Atemnotsyndrom (ARDS).

Die Nieren sind dann betroffen, wenn die renale Perfusion einen kritischen Wert unterschreitet. Es kommt zur akuten tubulären Nekrose und renalen Insuffizienz, die sich durch Oligurie und fortgesetzten Anstieg des Creatinins im Serum ausdrücken.

Im Herzen können eine verminderte Koronarperfusion und erhöhte Entzündungsmediatoren (einschließlich Tumornekrosefaktor und Interleukin-1) die Kontraktilität verringern, die myokardiale Compliance verschlechtern und die Beta-Rezeptoren herunterregulieren. Diese Faktoren vermindern die Herzauswurfleistung und verschlechtern damit sowohl die myokardiale als auch systemische Perfusion. Es kommt somit zu einem oft letal endenden Circulus vitiosus. Arrhythmien können auftreten.

Im Gastrointestinaltrakt können sich Ileus und submuköse Hämorrhagie entwickeln. Die Minderperfusion der Leber kann zu fokaler oder auch ausgedehnter hepatozellulärer Nekrose führen. Dabei kommt es zum Anstieg von Transaminasen und Bilirubin und zu einer verminderten Produktion von Gerinnungsfaktoren.

Die Gerinnung kann beeinträchtigt sein, einschließlich der schwersten Manifestation, der disseminierten intravaskulären Koagulopathie.

Literatur zur Pathophysiologie

  1. 1. Salmon AH, Satchell SC: Endothelial glycocalyx dysfunction in disease: Albuminuria and increased microvascular permeability. J Pathol 226:562–74, 2012. doi: 10.1002/path.3964

  2. 2. Chelazzi C, Villa G, Mancinelli P, et al: Glycocalyx and sepsis-induced alterations in vascular permeability. Crit Care 19(1):26, 2015. doi:10.1186/s13054-015-0741-z

  3. 3. Martin L, Koczera P, Zechendorf E, et al: The endothelial glycocalyx: New diagnostic and therapeutic approaches in sepsis. Biomed Res Int 2016:3758278, 2016. doi:10.1155/2016/3758278

Ätiologie und Klassifikation des Schocks

Es gibt verschiedene Pathomechanismen der Organhypoperfusion und des Schocks. Schock kann hervorgerufen werden durch

  • Ein niedriges zirkulierendes Volumen (hypovolämischer Schock)

  • Vasodilation (distributiver Schock)

  • Eine primäre Abnahme des Herzzeitvolumens (sowohl kardiogener als auch obstruktiver Schock)

  • Eine Kombination

Hypovolämischer Schock

Ein hypovolämischer Schock wird durch einen kritischen Abfall des intravasalen Volumens bewirkt. Reduzierter venöser Rückfluss (Preload) führt zu abnehmender ventrikulärer Füllung und vermindertem Schlagvolumen. Kann in dieser Situation die Herzfrequenz nicht gesteigert werden, ergibt sich eine Abnahme der kardialen Auswurfleistung.

Eine häufige Ursache des Schocks ist die Blutung (hämorrhagischer Schock). Typische Auslöser sind Traumata, chirurgische Interventionen, peptische Ulzera, Ösophagusvarizenblutung oder ein rupturiertes Aortenaneurysma. Die Blutung kann dabei offensichtlich (als Hämatemesis, Meläna) oder auch schwer erkennbar sein (Blutung bei Extrauteringravidität).

Der hypovolämische Schock kann sich auch als Folge des vermehrten Verlusts anderer Körperflüssigkeiten als Blut einstellen (siehe Tabelle Hypovolämischer Shock durch Flüssigkeitsverluste).

Tabelle

So kann die inadäquate Flüssigkeitszufuhr (bei gesteigerten Verlusten) ein Grund sein. Kann die Trinkmenge nicht gedeckt werden, führt möglicherweise eine geminderte Durstwahrnehmung aufgrund neurologischer Schädigungen oder einer anderen physischen Schwäche zu weiterer Minderung der Wasserzufuhr.

Bei hospitalisierten Patienten kann eine Hypovolämie dadurch entstehen, dass die ersten Zeichen einer Kreislaufinsuffizienz als kardiogen fehlgedeutet werden und daher die Flüssigkeitszufuhr bei gleichzeitiger Gabe von Diuretika reduziert wird.

Distributiver Schock

Das insgesamt zirkulierende Blutvolumen ist dabei normal. Ein distributiver Schock entsteht aus einem relativen Missverhältnis von intravasalem Volumen, bedingt durch arterielle oder venöse Vasodilatation. In einigen Fällen sind das Herzminutenvolumen (und auch die DO2) normal, aber der gesteigerte Blutfluss wird durch arteriovenöse Shunts am Kapillarbett vorbeigeleitet. Dieser Bypass und der entkoppelte Sauerstofftransport führen zur Minderperfusion von Zellen (was sich durch einen verringerten Sauerstoffverbrauch zeigt). In anderen Situationen wird das Blut in venösen Kapazitätsgefäßen gesammelt („venöses Pooling“), und der kardiale Auswurf nimmt ab.

Ein distributiver Schock kann verursacht werden durch

  • Anaphylaxie (anaphylaktischer Schock)

  • Bakterielle Infektion mit Endotoxinfreisetzung (septischer Schock) oder Exotoxinfreisetzung (toxischer Schock)

  • Schwere Verletzung des Rückenmarks, in der Regel oberhalb von T4 (neurogener Schock)

  • Einnahme bestimmter Medikamente oder Gifte, wie Nitrate, Opioide und Adrenalinblocker

Sowohl ein anaphylaktischer als auch ein septischer Schock haben dabei oft auch eine Hypovolämiekomponente.

Kardiogener und obstruktiver Schock

Ein kardiogener Schock entsteht durch relative oder absolute Minderung des Herzminutenvolumens aufgrund einer primär kardialen Störung. Der obstruktive Schock ergibt sich durch mechanische Faktoren, die mit der Füllung und der Entleerung des Herzens oder großer Gefäße interferieren. Die Ursachen sind in der Tabelle Mechanismen des kardiogenen und obstruktiven Schocks aufgeführt.

Tabelle

Symptome und Anzeichen von Schock

Ein veränderter mentaler Status (z. B. Lethargie, Verwirrtheit, Somnolenz) ist ein häufiges Anzeichen für einen Schock. Die Hände und Füße sind blass, kalt und feucht, oftmals livide, ebenso die Ohrläppchen, die Nase und das Nagelbett. Die kapilläre Füllungszeit ist verlängert. Mit Ausnahme des distributiven Schocks erscheint das Hautkolorit gräulich oder düster und feucht. Eine deutliche Schwitzneigung kann hinzutreten. Oft lassen sich nur die femoralen Pulse oder der Karotispuls palpieren. Die peripheren Pulse sind schwach und meist schnell. Tachypnoe und Hyperventilation sind möglich. Der Blutdruck ist eher niedrig (< 90 mmHg systolisch) oder nicht feststellbar. Wird eine direkte Messung mit einem intra-arteriellem Katheter durchgeführt, ergeben sich oft höhere und genauere Werte. Die Urinproduktion ist ebenfalls reduziert.

Ein distributiver Schock verursacht ähnliche Symptome. Allerdings erscheint die Haut hier eher warm oder gerötet, insbesondere während einer Sepsis. Die Pulse sind meist gut tastbar. Beim septischen Schock geht typischerweise Schüttelfrost dem stets vorhandenen Fieber voraus. Einige Patienten mit anaphylaktischem Schock zeigen Urtikaria oder keuchende Atmung.

Zahlreiche andere Symptome (Thoraxschmerz, Dyspnoe, abdominale Schmerzen) können je nach zugrunde liegender Erkrankung oder auch sekundär als Folge von Organversagen hinzutreten.

Diagnose des Schocks

  • Klinische Abklärung

  • Tendenzen in Untersuchungsergebnissen

Die Diagnose erfolgt meist klinisch und fußt auf dem Nachweis der insuffizienten Gewebedurchblutung (Bewusstseinsstörungen, Oligurie, periphere Zyanose) und dem Vorhandensein entsprechender Kompensationsmechanismen (Tachykardie, Tachypnoe, Schwitzen). Zu den spezifischen Kriterien gehören:

  • Somnolenz

  • Herzschlag > 100 Schläge/min

  • Atemfrequenz > 22 Atemzüge/min

  • Hypotonie (systolischer Blutdruck < 90 mmHg) oder ein 30 mmHg-Abfall des Grundlinienblutdrucks

  • Urinausscheidung < 0,5 ml/kg/Stunde

Laborbefunde, die die Diagnose unterstützen, sind

  • Laktat > 3 mmol/l (27 mg/dl)

  • Basendefizit <4 mEq/l

  • PaCO2 < 32 mmHg (< 4,26 kPa)

Allerdings ist keiner dieser einzelnen Werte ist für sich beweisend, und jeder muss angesichts seiner Tendenz (d. h. Verschlechterung oder Verbesserung) und im klinischen Kontext betrachtet werden, zu dem in jedem Fall die entsprechenden körperlichen Befunde gehören. Vor kurzem wurde die Nahinfrarotspektroskopie als nicht-invasive und schnelle Technik eingeführt, die den Grad des Schocks messen kann; diese Technik muss jedoch noch in größerem Maßstab validiert werden.

Diagnostik der Ursachen

Die Ursache zu erkennen ist wichtiger, als die Form des Schocks genau zu bestimmen. Meist ist diese Ursächlichkeit leicht durch Anamnese oder körperliche Untersuchung sowie einfache Testverfahren zu klären.

Thoraxschmerz (mit oder ohne begleitende Dyspnoe) lässt einen Myokardinfarkt, eine Aortendissektion oder pulmonale Embolie vermuten. Ein systolisches Geräusch kann auf eine Ventrikelseptumruptur oder eine Mitralinsuffizienz als Folge einer akuten myokardialen Infarzierung hinweisen. Ein diastolisches Geräusch gilt als Hinweis auf eine aortale Regurgitation nach Aortendissektion mit Einschluss der Aortenwurzel. Eine Perikardtamponade muss bei Jugularvenendistension, gedämpften Herztönen und einem paradoxen Puls vermutet werden. Eine Lungenembolie, die ausgeprägt genug ist, um einen Schock nach sich zu ziehen, führt zu einem Abfall der Sauerstoff-Sättigung und tritt häufiger unter speziellen Umständen auf, einschließlich längerer Bettruhe und nach einem chirurgischen Eingriff. Zu den Tests gehören Elektrokardiographie (EKG), Messung der Herzenzyme, Röntgen des Thorax, Messung der arteriellen Blutgase (ABG), Lungenscan, Spiral-CT und Echokardiographie.

Abdominal- oder Rückenschmerzen sowie gespannte Bauchdecken lassen eine Pankreatitis, die Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas, eine Peritonitis (z. B. aufgrund eines perforierten Viscus) oder, bei Frauen im gebärfähigen Alter, auch eine Ruptur bei Extrauteringravidität vermuten. Eine pulsierende Masse in der Körpermittellinie muss an ein rupturiertes Aortenaneurysma denken lassen. Ein schmerzhafter Tumor im Adnexbereich kann als Hinweis auf eine ektopische Schwangerschaft gelten. Die Untersuchung umfasst typischerweise ein Abdominal-CT (wenn die Patientin instabil ist, kann eine Ultraschalluntersuchung am Krankenbett hilfreich sein), ein vollständiges Blutbild (CBC), Amylase, Lipase und, bei Frauen im gebärfähigen Alter, einen Urin-Schwangerschaftstest.

Fieber, Schüttelfrost und infektiöse Herdzeichen lassen einen septischen Schock vermuten. Dies gilt vor allem für den immunkompromittierten Patienten. Isoliertes Fieber, verbunden mit der entsprechenden Anamnese und klinischen Situation, kann auf einen Hitzschlag hindeuten. Zu den Untersuchungen gehören der Röntgenthorax, die Urinuntersuchung, ein komplettes Blutbild, Wunden-, Blut- und Urinkulturen sowie bakterielle Tests anderer Körperflüssigkeiten.

Bei wenigen Patienten bleibt die Ursache unklar. Bei Patienten ohne Nachweis fokaler Symptome oder Herdzeichen, die bei der Ursachenklärung helfen, sollten ein EKG, eine Messung der kardialen Enzyme, ein Röntgenthorax sowie eine arterielle Blutgasanalyse (BGA) angefertigt werden. Sofern diese Untersuchungen normal ausfallen, gehören zu den wahrscheinlichen Ursachen eine Drogenüberdosierung, eine bislang nicht erkannte Infektion (mit der möglichen Folge des toxischen Schocks), ein anaphylaktischer oder ein obstruktiver Schock.

Zusatzuntersuchungen

Sofern noch nicht geschehen, werden EKG und Röntgenthorax durchgeführt. Zu den Laboruntersuchungen gehören ein komplettes Blutbild, Elektrolyte im Serum, Blut-Harnstoff-Stickstoff, Kreatinin, Prothrombinzeit (PT), partielle Thromboplastinzeit (PTT) Leberwerte sowie Fibrinogen und Fibrinspaltprodukte. Mit diesen Bestimmungen lässt sich der gegenwärtige Ausgangsstatus des Patienten erheben. Sofern der Volumenstatus schwer bestimmbar ist, kann das Monitoring des zentralvenösen Drucks (ZVD) oder auch des Pulmonalarterienverschlussdrucks (PCWP bzw. PAOP) wichtige Orientierung geben. Ein ZVD < 5 mmHg (< 7 cm Wasser) oder PCWP < 8 mmHg können auf eine Hypovolämie hindeuten. Allerdings kann der ZVD bei vorbestehender pulmonaler Hypertonie trotz Hypovolämie auch höhere Werte haben. Eine schnelle Echokardiographie am Krankenbett (durch den behandelnden Arzt) zur Bestimmung der Angemessenheit der kardialen Füllung wird immer häufiger eingesetzt, um den Schock und die gesamte Herzleistung zu bewerten (zur Übersicht, 1, 2).

Literatur zur Diagnose

  1. 1. Ferrada P: Image-based resuscitation of the hypotensive patient with cardiac ultrasound: an evidence-based review. J Trauma Acute Care Surg 80 (3): 511–518, 2016.

  2. 2. Martin ND, Codner P, Greene W, et al: Contemporary hemodynamic monitoring, fluid responsiveness, volume optimization, and endpoints of resuscitation: an AAST critical care committee clinical consensus. Trauma Surg Acute Care Open 5(1):e000411, 2020. doi: 10.1136/tsaco-2019-000411

Prognose bei Schock

Der unbehandelte Schock endet meist deletär. Auch bei Behandlung ist die Mortalität bei kardiogenem Schock nach Myokardinfarkt (60–65%) oder bei septischem Schock (30–40%) hoch. Die Prognose hängt dabei vom Auslösemechanismus, von den zugrunde liegenden oder hinzukommenden Erkrankungen, der Zeitdauer zwischen Beginn und Diagnose des Schockgeschehens sowie der Angemessenheit der bereits frühzeitig einsetzenden therapeutischen Maßnahmen ab.

Behandlung von Schock

  • Unterstützende Behandlung

  • Infusionen

  • Weitere Therapie je nach Typ und Ursache des Schocks

Allgemeine Behandlung des Schocks

Zu den ersten Maßnahmen gehört es, den Patienten hinreichend warm zu halten. Äußere Blutungen müssen unterbunden, die Atemwege freigehalten und die Ventilation sichergestellt sowie bei Bedarf eine Atemunterstützung begonnen werden. Jegliche orale Zufuhr wird unterbunden. Der Kopf des Patienten ist zu einer Seite hin zu lagern, um im Falle von Erbrechen eine Aspiration zu vermeiden.

Die Behandlung beginnt zeitgleich mit der klinischen Befunderhebung. Via Maske wird zusätzlicher Sauerstoff zur Verfügung gestellt. Bei schwerem Schock oder inadäquater Spontanatmung, ist eine Luftwegintubation mit machineller Beatmung notwendig. Zwei große (14–16 Gauge) intravenöse Katheter sind in separate periphere Venen einzuführen. Sofern eine periphere Venenpunktion zunächst nicht durchführbar ist, kann alternativ auch ein zentraler Venenkatheter oder, insbesondere bei Kindern, ein intraossärer Zugang genutzt werden.

In der Regel wird eine Flüssigkeitsinfusion durchgeführt: 1 l (oder 20 ml/kg bei Kindern) einer 0,9%igen Kochsalzlösung wird über 15 Minuten infundiert. Bei größeren Blutungen wird häufig ein Ringer-Laktat verwendet, obwohl bei größeren Blutungen die Verwendung von Kristalloiden zugunsten der Transfusion von Blutprodukten (Erythrozyten, frisch gefrorenes Plasma und Blutplättchen im Verhältnis 1:1:1) minimiert werden sollte (1, 2). Die Infusion der Flüssigkeit wird so lange fortgesetzt, bis sich die klinischen Parameter normalisieren. Kleinere Volumina (z. B. 250–500 ml) werden bei solchen Patienten gegeben, die Anzeichen einer hohen Rechtsherzbelastung (gestaute Halsvenen) zeigen oder einen akuten Myokardinfarkt erlitten haben. Eine solche Volumengabe („fluid challenge“) sollte nicht bei Patienten mit Lungenödem erfolgen. Alle weitere Flüssigkeitstherapie orientiert sich an den zugrunde liegenden klinischen Bedingungen. Hierzu ist oftmals ein umfangreicheres Monitoring mit ZVD- und PAOP-Messung erforderlich. Eine kardiale Sonographie am Krankenbett zur Beurteilung von Kontraktilität und respiratorischer Variabilität der V. cava kann helfen, den Bedarf an zusätzlicher Flüssigkeit gegen den Bedarf an inotroper Unterstützung abzuwägen.

Patienten im Schock sind schwerstkrank und damit auf eine Intensivstation zu verlegen. Die Überwachung umfasst

  • EKG

  • Systolischer, diastolischer und mittlerer Blutdruck, vorzugsweise über einen intraarteriellen Katheter

  • Atemfrequenz und Atemtiefe

  • Pulsoxymetrie

  • Urinfluss über einen Dauerkatheter in der Blase

  • Körpertemperatur

  • Klinischer Status, einschließlich Sensorium (z. B. Glasgow Coma Scale), Pulsvolumen, Hauttemperatur und Farbe

ZVD- und PAOP-Messung sowie die Bestimmung des Herzzeitvolumens mittels Thermodilution via Pulmonalarterienkatheter kann bei Diagnosestellung und Therapiemanagement des Schockpatienten hilfreich sein. Dies gilt vor allem für den Schock mit ungeklärter oder komplexer Ätiologie sowie die schweren Verlaufsformen, bei denen Oligurie oder Lungenödem hinzutreten. Mit der Echokardiographie (transthorakal direkt am Krankenbett oder auch transösophageal vorgenommen) steht eine nur gering invasive alternative Überwachungsmethode zur Verfügung. Regelmäßige Bestimmung der arteriellen Blutgase sowie von Hämatokrit, Elektrolyten, Serumcreatinin und Blutlactat sind selbstverständlich. Die sublinguale Kohlendioxidmessung ist, sofern verfügbar, ein nichtinvasiver Monitor der viszeralen Perfusion (die Werte steigen mit abnehmender Gewebedurchblutung). Ein übersichtlich strukturierter Ablaufplan zur Überwachung von Trends ist hilfreich.

Aufgrund der Gewebeminderperfusion ist die intramuskuläre Aufnahme von Wirkstoffen unzuverlässig. Alle parenteralen Substanzen werden daher intravenös gegeben. Opioide sollten grundsätzlich vermieden werden, da sie zur Vasodilatation führen. Schwere Schmerzzustände werden mit Morphin (0,1 mg/kg IV über 2 Minuten, bei Bedarf alle 10–15 Minuten erneute Gabe) behandelt. Obwohl eine zerebrale Hypoperfusion Angstzustände verursachen kann, werden Sedativa oder Beruhigungsmittel nicht routinemäßig verabreicht, es sei denn, der Patient ist intubiert.

Nach Beginn der Erstmaßnahmen wird die spezifische Behandlung an den jeweiligen klinischen Bedingungen ausgerichtet. Ergänzende Therapie orientiert sich an der Art des Schocks.

Behandlung des hämorrhagischen Schocks

  • Chirurgische Kontrolle der Blutung

  • Frühe Transfusion von Blutprodukten

Beim hämorrhagischen Schock hat die chirurgische Sanierung der Blutungsquelle erste Priorität. Forcierte Volumenzufuhr und operative Therapie haben möglichst zeitgleich zu erfolgen. Blutprodukte und kristalline Lösungen werden für die Reanimation verwendet; jedoch werden Erythrozyten, frisches gefrorenes Plasma und Thrombozyten früher und in einem Verhältnis von 1:1:1 bei Patienten gegeben, die wahrscheinlich eine massive Transfusion benötigen. Solch mangelndes Ansprechen auf Volumengabe ist als Hinweis auf eine noch unzureichende Infusion oder bislang nicht erkannte anhaltende Blutung zu werten. Vasopressoren können bei einem refraktären hämorrhagischen Schock versucht werden, aber erst, nachdem ein ausreichendes Blutvolumen wiederhergestellt wurde und die Blutung kontrolliert ist - Vasopressoren können die Ergebnisse verschlechtern.

Behandlung des distributiven Schocks

  • IV Kristalloide

  • Manchmal inotrope oder vasopressorische Medikamente

  • Epinephrin für Anaphylaxie

Beim distributiven Schock mit ausgedehnter Hypotonie kann nach initialem Volumenersatz mit 0,9%iger NaCl-Lösung die Gabe von positiv inotropen Substanzen oder Vasopressoren erwogen werden (z. B. Dopamin, Norarenalin - siehe Tabelle Inotrope und vasoaktive Katecholamine). Patienten im septischen Schock werden mit Breitspektrumantibiotika behandelt. Patienten mit anaphylaktischem Schock sollte unabhängig vom Umfang der Volumengabe (v. a. bei gleichzeitiger Bronchokonstriktion) Adrenalin (0,05–0,1 mg IV mit nachfolgender Adrenalin-Infusion von 5 mg in 500 ml 5% Dextrose im Wasser bei einer Dosierung von 10 ml/Stunde oder 0,02 mcg/kg/Minute) gegeben werden.

Tabelle

Behandlung des kardiogenen Schocks

  • Behandlung der Ursache

Im kardiogenen Schock müssen strukturelle Schädigungen (Klappenfehlfunktion, Ventrikelseptumruptur) umgehend chirurgisch saniert werden. Koronararterienverschlüsse werden entweder durch perkutane Intervention (Angioplastie, Stent-Einführung), operative Anlage eines koronararteriellen Bypasses oder Thrombolyse angegangen. Tachydysrhythmie (z. B. schnelles Vorhofflimmern, ventrikuläre Tachykardie) wird durch Kardioversion oder durch antiarrhythmische Medikamente verlangsamt. Bradykardie wird mit einem transkutanen oder transvenösen Schrittmacher behandelt; bis zur Platzierung des Schrittmachers können bis zu 4 Dosen Atropin 0,5 mg IV alle 5 Minuten verabreicht werden. Isoproterenol (2 mg/500 ml in 5%iger Glukoselösung bei einer Dosierung von 1–4 mcg/Minute [0,25–1 ml/Minute]) ist in Einzelfällen sinnvoll, wenn die Gabe von Atropin ohne Wirkung geblieben ist. Es kann jedoch nicht empfohlen werden bei Patienten mit myokardialer Ischämie aufgrund einer koronaren Herzkrankheit.

Ein Schock nach akutem Myokardinfarkt wird mit Volumengabe behandelt, wenn der pulmonalkapilläre Verschlussdruck erniedrigt oder normalwertig ist. 15–18 mmHg werden als optimale Werte betrachtet. Ist kein Pulmonalarterienkatheter vorhanden, kann die vorsichtige Gabe von Flüssigkeit (250–500 ml Bolus einer 0,9%igen NaCl-Lösung) versucht werden. Durch sorgfältige und wiederholte Auskultation müssen Zeichen der Flüssigkeitsüberladung frühzeitig erkannt werden. Ein Schock nach rechtsventrikulärem Myokardinfarkt wird meist nur wenig auf Volumengabe ansprechen. Hier sind in der Regel Vasopressoren erforderlich. Eine kardiale Sonographie am Krankenbett zur Beurteilung von Kontraktilität und Atemvariabilität der V. cava kann helfen, den Bedarf an zusätzlicher Flüssigkeit gegen Vasopressoren abzuwägen. Inotrope Unterstützung ist ein besserer Ansatz bei Patienten mit normaler oder übernormaler Füllung.

Ist die Hypotonie nur mäßig (z. B. mit einem arteriellen Mitteldruck [MAP] von 70–90 mmHg), kann mit einer Dobutamininfusion das Herzzeitvolumen gesteigert und der linksventrikuläre Füllungsdruck reduziert werden. Tachykardie und Arrhythmien treten gelegentlich im Zuge der Dobutamingabe auf, besonders im höheren Dosisbereich. In diesen Fällen ist eine Dosisreduktion erforderlich. Vasodilatatoren wie Nitroprussid oder Nitroglycerin, die zur venösen Vasodilatation führen und den peripheren Gefäßwiderstand reduzieren, mindern damit auch die Herzarbeit für das geschädigte Myokard und können somit bei Patienten ohne schwere Hypotonie das Herzzeitvolumen steigern helfen. Die kombinierte Gabe von Dopamin oder Dobutamin mit Nitroprussid oder Nitroglycerin kann vereinzelt sinnvoll sein. Hier sind jedoch die sorgfältige EKG-Überwachung sowie das Monitoring der pulmonalen und systemischen hämodynamischen Werte notwendig.

Bei ausgeprägteren Formen der Hypotonie (MAP < 70 mmHg) können Noradrenalin oder Dopamin gegeben werden. Ziel ist dabei ein systolischer Druck von 80–90 mmHg (nicht jedoch > 110 mmHg). Intraaortale Gegenpulsation kann als temporäre Maßnahme im Schock aufgrund myokardialer Infarzierung eingesetzt werden. Dieses Vorgehen ist jedoch immer nur als Überbrückungsmaßnahme anzusehen, um einen Herzkatheter und eine Koronarangiographie zu ermöglichen, bevor der Patient einer chirurgischen Intervention zugeführt werden kann. So etwa beim Myokardinfarkt, der durch Ventrikelseptumruptur kompliziert wird, oder auch bei akuter hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz, die länger als nur 30 Minuten katecholaminpflichtig bleibt.

Bei der obstruktiven, nicht-traumatischen Form des Schocks erfordert die Perikardtamponade die sofortige Perikardpunktion, die auch direkt am Krankenbett durchgeführt werden kann. Eine Trauma-bezogene Kardialtamponade erfordert eine chirurgische Dekompression und Reparatur. Ein Spannungspneumothorax sollte umgehend entlastet werden. Dies geschieht durch Einführung eines Katheters in den zweiten Interkostalraum in der Medioklavikularlinie. Anschließend wird eine Pleuradrainage angelegt. Eine massive Lungenembolie mit konsekutivem Schock wird mit Antikoagulation und Thrombolyse, operativer Embolektomie oder in ausgewählten Fällen mit extrakorporaler Membranoxygenierung angegangen.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Holcomb JB, Tilley BC, Baraniuk S, et al: Transfusion of plasma, platelets, and red blood cells in a 1:1:1 vs a 1:1:2 ratio and mortality in patients with severe trauma: The PROPPR randomized clinical trial. JAMA 313(5):471-482, 2015. doi:10.1001/jama.2015.12

  2. 2. Cannon JW, Khan MA, Raja AS, et al: Damage control resuscitation in patients with severe traumatic hemorrhage: A practice management guideline from the Eastern Association for the Surgery of Trauma. J Trauma Acute Care Surg 82(3): 605-617, 2017. doi: 10.1097/TA.0000000000001333