Ertrinken

(Tödliches Ertrinken, Beinahe-Ertrinken)

VonDavid Richards, MD, University of Colorado School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Jan. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Ertrinken tritt ein, wenn ein Eintauchen in eine Flüssigkeit zum Ersticken führt oder das Atmen verhindert.

  • Beim Ertrinken erhält der Körper keinen Sauerstoff mehr, was die Organe schädigen kann, insbesondere die Lunge und das Gehirn.

  • Die Ärzte beurteilen Menschen nach dem Sauerstoffmangel und den Problemen, die oft mit dem Ertrinken einhergehen (wie spinale Verletzungen, die durch das Tauchen verursacht werden).

  • Bei der Behandlung konzentriert man sich darauf, den Sauerstoffmangel und andere Probleme zu korrigieren.

Ertrinken kann nicht-tödlich (früher als Beinahe-Ertrinken bezeichnet) oder tödlich sein. Es werden etwa viermal so viele Menschen werden wegen Beinahe-Ertrinkens ins Krankenhaus eingewiesen als Menschen aufgrund des Ertrinkens sterben.

Ertrinken zählt weltweit zu den 10 häufigsten Ursachen für Tod durch Unfall. In den USA war im Jahr 2018 Ertrinken die häufigste Ursache für Todesfälle im Zusammenhang mit Verletzungen bei Kindern im Alter von eins bis vier Jahren, und bei Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren gleich nach Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache. Ertrinken war auch unter den zehn häufigsten Ursachen für unwillkürlichen Tod bei Menschen unter 55 Jahren.

Bestimmte Gruppen mit einem höheren Risiko für Tod durch Ertrinken sind unter anderem folgende:

  • Kinder, die keinen offiziellen Schwimmunterricht erhalten haben und sich ohne Aufsicht im Wasser aufhalten

  • Jungen (80 % der Opfer über 1 Jahr sind männlich)

  • Menschen, die Alkohol und andere Drogen nehmen, die das Urteilsvermögen und den Wachzustand beeinträchtigen

  • Menschen, die Krankheiten haben, die zu vorübergehenden Ausfällen führen können, wie Krampfanfälle, die bei Kindern und Erwachsenen mit einem 20-fach höheren Risiko für Ertrinken einhergehen.

  • Menschen mit Long-QT-Syndrom und bestimmten anderen Erkrankungen, die bestimmte Herzrhythmusstörungen verursachen (Schwimmen kann bei Menschen mit diesen Erkrankungen bestimmte Formen von unregelmäßigem Herzschlag [Arrhythmien] auslösen)

  • Menschen, die an gefährlichen Übungen mit Unterwasser-Luftanhalten (Dangerous Underwater Breath-holding Behaviors, kurz DUBB) teilnehmen

Ertrinken kommt häufig in Schwimmbecken, heißen Badewannen und natürlichen Gewässern vor. Kinder und Säuglinge sind ebenfalls gefährdet, sogar rund um kleinere Wassermengen, wie etwa in der Toilette, in der Badewanne und in Wassereimern oder anderen Flüssigkeiten, weil sie eventuell nicht in der Lage sind, herauszukommen, wenn sie hineingefallen sind.

Tauchen, besonders in flachem Wasser, kann zu spinalen Verletzungen oder Kopfverletzungen führen, was das Risiko des Ertrinkens erhöht.

Gefährliche Übungen mit Unterwasser-Luftanhalten (Dangerous Underwater Breath-holding Behaviors, kurz DUBB) werden häufig von jungen gesunden Männern (oft guten Schwimmern) durchgeführt, die damit versuchen, ihre Fähigkeit zu verbessern, länger ohne Sauerstoff unter Wasser zu bleiben. Es gibt drei Arten von DUBB:

  • Absichtliche Hyperventilation – das schnelle Ein- und Ausatmen vor dem Untertauchen senkt die Kohlendioxidkonzentrationen und verlängert damit die Zeit, bis die Konzentrationen so hoch ansteigen, dass man zurück an die Oberfläche und atmen muss

  • Hypoxietraining – Atemanhalten während des Tauchens, um die Tauchkapazität zu erhöhen Sportler, die ein Hypoxietraining absolvieren, sollten dies nur unter strenger Aufsicht der Rettungshelfer ausführen, die über das Training der Sportler Bescheid wissen.

  • Statische Apnoe – Der Atem wird so lange wie möglich bewegungslos und unter Wasser angehalten, auch als Spiel

Bei DUBBs können Personen, die absichtlich über einen längeren Zeitraum die Luft unter Wasser anhalten, ohnmächtig werden (Ohnmacht durch Hypoxie oder Schwimmbad-Blackout) und mitunter sogar ertrinken.

Wussten Sie ...

  • Hyperventilieren vor dem Schwimmen unter Wasser, um die Dauer des Atem-Anhaltens zu verlängern, kann das Risiko des Ertrinkens steigern.

Sauerstoffentzug durch Ertrinken

Werden Menschen unter Wasser getaucht, kann es zu einem von zwei Vorfällen kommen:

  • Wasser dringt in die Lungen ein.

  • Die Stimmbänder haben eventuell starke Spasmen, was zeitweise verhindert, dass Wasser in die Lunge gelangt, aber auch das Atmen unmöglich macht.

In beiden Fällen kann die Lunge dem Blut keinen Sauerstoff zuführen. Der Abfall des Sauerstoffanteils im Blut kann das Gehirn schädigen und den Tod verursachen.

Wasser in den Lungen, in sehr großen Mengen, führt zu sofortigem Ertrinken. Kleinere Mengen Wasser, besonders Wasser, das mit Bakterien, Algen, Sand, Schmutz, Chemikalien oder Erbrochenem verunreinigt ist, kann zu einer Lungenentzündung führen, die sich erst Stunden, nachdem die Person aus dem Wasser gezogen wurde, bemerkbar macht. Das Problem wird manchmal „sekundäres Ertrinken“ genannt. Bei einer Lungenverletzung wird in der Regel weiterhin Sauerstoff vorenthalten. Süßwasser in der Lunge wird in den Blutkreislauf aufgenommen.

Stimmbandkrämpfe können erst auftreten, nachdem die Person bereits aus dem Wasser gezogen wurde. Sie treten dann für gewöhnlich innerhalb von Minuten auf. Weil das Wasser nicht in die Lungen dringt, wird dieser Zustand manchmal „trockenes Ertrinken“ genannt.

Auswirkungen bei Untertauchen in kaltem Wasser

Eintauchen in kaltes Wasser hat positive und negative Auswirkungen. Kalte Muskeln erschweren das Schwimmen und eine gefährlich niedrige Körpertemperatur (Hypothermie) kann das Urteilsvermögen beeinträchtigen. Auf der anderen Seite schützt Kälte das Gewebe vor der schädlichen Wirkung des Sauerstoffmangels. Darüber hinaus kann kaltes Wasser den allen Säugetieren angeborenen Tauchreflex auslösen, der die Überlebenszeit unter Wasser verlängert. Durch diesen Tauchreflex verlangsamt sich der Herzschlag, das Blut fließt aus den Händen, Füßen und Eingeweiden zu Herz und Gehirn zurück und schützt so diese lebenswichtigen Organe. Der Tauchreflex ist bei Kindern ausgeprägter als bei Erwachsenen. Damit haben Kinder eine größere Chance, längere Zeit in kaltem Wasser zu überleben als Erwachsene.

Wussten Sie ...

  • Kinder überleben ein längeres Eintauchen mit höherer Wahrscheinlichkeit als Erwachsene.

Symptome des Ertrinkens

Ertrinkende, die nach Luft ringen, können nicht um Hilfe rufen. Kinder, die nicht schwimmen können, können in weniger als 1 Minute ertrinken. Erwachsene können über längere Zeit kämpfen.

Menschen, die gerettet wurden, können viele verschiedene Symptome und Befunde aufweisen. Einige sind nur leicht verängstigt, während andere dem Tod nahe sind. Sie können wach, benommen oder bewusstlos sein. Manche atmen vielleicht nicht. Menschen, die atmen, schnappen nach Luft oder erbrechen, husten und keuchen. Die Haut ist bläulich verfärbt (Zyanose), ein Zeichen für einen Sauerstoffmangel im Blut. Manchmal treten die Atembeschwerden erst Stunden nach dem Vorfall auf.

Komplikationen des Ertrinkens

Manche Menschen, die nach langem Untertauchen wiederbelebt werden, haben bleibende Hirnschäden wegen des Mangels an Sauerstoff. Menschen, die Fremdpartikel einatmen, können eine Lungenentzündung (Pneumonie) oder akute Atemprobleme bekommen, was bleibende Atembeschwerden verursacht. Solche Atembeschwerden können erst Stunden, nachdem die Person aus dem Wasser gezogen wurde, zutage treten oder sich verschlimmern. Menschen, die in kaltem Wasser untergehen, leiden oft an einer Unterkühlung (Hypothermie).

Diagnose von Ertrinken

  • Eine Untersuchung der Symptome durch den Arzt

  • Messung des Sauerstoffgehalts im Blut

Die Diagnose stützt sich auf das vorausgegangene Ereignis und auf die Symptome des Betroffenen. Über das Ausmaß der Lungenschädigung geben eine Messung der Sauerstoffkonzentration im Blut und eine Röntgenaufnahme der Brust Aufschluss. Die Körpertemperatur wird gemessen, um auf Hypothermie zu prüfen.

Es können weitere Tests wie Röntgenbilder und eine Computertomographie (CT) gemacht werden, um Kopf- oder Wirbelsäulenverletzungen bei Menschen zu diagnostizieren, die beim Tauchunfall vielleicht verletzt wurden. Es werden ein Elektrokardiogramm (EKG) und manchmal Bluttests gemacht, um Probleme zu diagnostizieren, die zum Ertrinken beigetragen haben können. Zum Beispiel können manche zuvor nicht erkannte Herzrhythmusstörungen zu einer Bewusstlosigkeit beim Schwimmen führen.

Behandlung bei Ertrinken

  • Künstliche Beatmung und Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW)

  • Sauerstoff

Außerhalb des Krankenhauses

Je schneller die Wiederbelebungsmaßnahmen am Unfallort eingeleitet werden, desto größer ist die Chance, dass das Opfer ohne Gehirnschädigung überlebt. Es sollte alles getan werden, um das Opfer wiederzubeleben, auch wenn es lange Zeit unter Wasser war. Bei Bedarf muss eine künstliche Beatmung und eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchgeführt werden. Mit der Beatmung wird begonnen, bevor der Brustraum komprimiert wird, anders als bei beinahe allen anderen Umständen, unter denen eine HLW erfolgt.

Der Nacken sollte so wenig wie möglich bewegt werden, wenn eine Gefahr spinaler Verletzungen besteht. Menschen, die ungewollt unter Wasser geraten sind oder irgendwelche Symptome haben, müssen in ein Krankenhaus gebracht werden, wenn möglich mit dem Krankenwagen. Bei leichten Symptomen kann der Betroffene nach einigen Stunden der Beobachtung in der Notaufnahme wieder nach Hause gehen. Sind die Symptome jedoch nach Stunden nicht abgeklungen oder ist der Sauerstoffgehalt im Blut niedrig, ist eine Krankenhauseinweisung unumgänglich.

Im Krankenhaus

Die meisten Patienten benötigen zusätzlichen Sauerstoff, manchmal in hoher Konzentration oder über ein Atemgerät unter Hochdruck verabreicht. Falls sich Keuchatmung einstellt, können Bronchodilatatoren helfen. Falls sich eine Infektion einstellt, werden Antibiotika verabreicht.

Wenn das Wasser kalt war, haben die Betroffenen eventuell eine gefährlich niedrige Körpertemperatur (Hypothermie) und müssen aufgewärmt werden. Spinale Verletzungen müssen speziell behandelt werden.

Prognose bei Ertrinken

Die Faktoren, die die Überlebenschance ohne bleibende Hirn- und Lungenschäden erhöhen, sind folgende:

  • Sofortige Wiederbelebungsmaßnahme (am wichtigsten)

  • Kurze Dauer des Tauchens

  • Kalte Wassertemperatur

  • Junges Alter

Manche Kinder haben nach einem Untertauchen über bis zu 60 Minuten in kaltem Wasser ohne bleibende Hirnschäden überlebt. Viele Betroffene, die wiederbelebt werden müssen, können sich auch wieder vollständig erholen, und beinahe alle Betroffenen, die bei ihrer Ankunft im Krankenhaus wach und bei Bewusstsein sind, erholen sich vollständig. Personen, die Alkohol getrunken haben, sind besonders gefährdet, den Unfall nicht zu überleben oder eine Gehirn- und Lungenschädigung zu erleiden.

Ertrinken vorbeugen

Vor oder während des Schwimmens, während des Bootfahrens (auch nicht als Beifahrer) oder bei Beaufsichtigung von Kindern am Wasser sollten weder Alkohol noch Drogen und Medikamente eingenommen bzw. konsumiert werden.

Sicherheit im Wasser und Kinder

Schwimmbäder sollten den lokalen Vorschriften zur Sicherheit von Schwimmbädern entsprechen, unter anderem auch vorschriftsmäßig eingezäunt sein, weil sie einer der häufigsten Orte für Unfälle durch Ertrinken sind. Darüber hinaus sollten alle Türen und Gatter, die zum Poolbereich führen, abgeschlossen sein. Kinder, die sich im Wasser und in dessen Nähe aufhalten, und dazu gehören auch Swimmingpools und Badewannen, dürfen nicht aus den Augen gelassen werden, ganz gleich, ob Schwimmhilfen benutzt werden oder nicht. Im Idealfall sollte die Aufsicht sich in Armeslänge befinden. Ein Kind kann bereits ertrinken, wenn das Wasser nur wenige Zentimeter tief ist; deshalb können auch wassergefüllte Eimer oder Eisbehälter gefährlich sein. Erwachsene sollten das Wasser aus solchen Behältern sofort nach Gebrauch entleeren.

Kleine Kinder sollten offiziell zugelassene Schwimmwesten oder eigene Schwimmhilfen tragen, wenn sie in der Nähe von Gewässern spielen. Mit Luft gefüllte Schwimmhilfen und Schaumstoffspielzeug (Wasserflügel, Schwimmnudeln und Ähnliches) eignen sich nicht dafür, den Schwimmer abzusichern, und sollten nicht als Ersatz für offizielle zugelassenen Schwimmwesten eingesetzt werden.

Ein ordentlicher Schwimmunterricht verringert bei Kindern von eins bis vier Jahren das Risiko des Ertrinkens. Schwimmunterricht ist bei allen Kindern eine gute Idee. Allerdings sollten selbst Kinder, die Schwimmunterricht gehabt haben, bewacht werden, wenn sie im oder in der Nähe von Wasser sind.

Sicherheit beim Schwimmen

Schwimmer sollten ihren gesunden Menschenverstand benutzen und sich der Wetter- und Wasserbedingungen bewusst sein. Man sollte mit dem Schwimmen aufhören, wenn einem sehr kalt ist oder wenn man aussieht, als sei einem kalt. Menschen, die zu Krampfanfällen neigen, aber medikamentös gut eingestellt sind, müssen zwar nicht auf das Schwimmen verzichten, sollten aber in Wassernähe, etwa beim Bootfahren, Duschen und Baden, vorsichtig sein.

Um die Gefahr des Ertrinkens zu verringern, sollte niemand allein schwimmen gehen und nur in Gewässern schwimmen, die von Rettungsschwimmern überwacht werden. Wer gern im Meer schwimmt, sollte lernen, der sogenannten Rippströmung (Rückströmung in die Brandungszone) auszuweichen, indem er parallel zur Küste schwimmt statt gerade darauf zu. Menschen, die gefährliches Unterwasser-Luftanhalten (dangerous underwater breath-holding behaviors, DUBB) praktizieren, sollten überwacht und über die Gefahren dieser Aktivität aufgeklärt werden. Es ist nicht notwendig, eine Stunde nach dem Essen zu warten, um wieder schwimmen zu gehen. Es gibt keine ausreichenden Belege dafür, dass Schwimmen kurz nach dem Essen zu Krämpfen und damit zum Ertrinken führen würde.

Wussten Sie ...

  • Es ist nicht notwendig, eine Stunde nach dem Essen zu warten, um wieder schwimmen zu gehen.

Andere Maßnahmen zur Sicherheit im Wasser

Es wird jedem empfohlen, beim Bootfahren Schwimmwesten zu tragen, die von der Küstenwache zugelassen wurden. Bei Nichtschwimmern und kleinen Kindern ist dies Pflicht. Spinale Verletzungen lassen sich vermeiden, indem man nicht in unbekannte und flache Gewässer hinein springt.

Öffentliche Badestrände und Bäder müssen von Rettungsschwimmern bewacht sein, die in Sicherheits-, Wiederbelebungs- und Rettungstechniken ausgebildet sind. Rettungsringe, Schwimmwesten und ein Hirtenstab (eine lange Stange mit einem gebogenen Ende) sollten in der Nähe des Schwimmbeckenrands bereitstehen. In Schwimmbädern sollte es automatische externe Defibrillatoren, Instrumente zur Öffnung der Luftwege und Telefone geben, über die der Notdienst gerufen werden kann. Es sollten umfassende Präventionsprogramme vorhanden sein, die das Folgende anbieten:

  • Programme speziell für stark gefährdete Zielgruppen

  • Vermittlung der Herz-Lungen-Wiederbelebungsmaßnahmen (HLW) an so viele Jugendliche und Erwachsene wie möglich

  • Kindern das Schwimmen beibringen, sobald sie reif genug dafür sind

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American Heart Association: HLW Erste Hilfe. Emergency Cardiovascular Care: Informationen zu HLW-Kursen, Schulungskits und kommunalen Programmen. Zugriff am 2. Januar 2023.

  2. National Center for Injury Prevention and Control: Vorbeugung vor Ertrinken: Umfasst Informationen über die Risikofaktoren für und die Vorbeugung vor unfreiwilligem Ertrinken. Zugriff am 2. Januar 2023.