Überblick über Kopfschmerzen

VonStephen D. Silberstein, MD, Sidney Kimmel Medical College at Thomas Jefferson University
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023
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Kurzinformationen

Kopfschmerzen sind Schmerzen, die jeden Teil des Kopfes betreffen können, darunter die Kopfhaut, den oberen Halsbereich, das Gesicht und das Kopfinnere. Kopfschmerzen gehören zu den wichtigsten Gründen, weswegen die Menschen einen Arzt aufsuchen.

Kopfschmerzen beeinträchtigen die Arbeitsfähigkeit und die Alltagsbewältigung. Einige Menschen leiden oft an Kopfschmerzen. Andere wiederum nur selten.

Ursachen von Kopfschmerzen

Obwohl Kopfschmerzen quälend und belastend sein können, sind sie dennoch meistens kein Zeichen für einen bedenklichen Gesundheitszustand. Man kann zwei Arten von Kopfschmerzen unterscheiden:

  • Primärkopfschmerzen: Werden nicht durch eine andere Erkrankung verursacht.

  • Sekundärkopfschmerzen: Werden durch eine andere Erkrankung verursacht.

Zu den primären Kopfschmerzerkrankungen zählt Folgendes:

Trigemino-autonome Kopfschmerzerkrankungen sind selten.

Sekundärkopfschmerzen können das Ergebnis von Erkrankungen des Gehirns, der Augen, der Nase, des Halses, der Nasennebenhöhlen, der Zähne, der Kiefer, der Ohren oder des Nackens sein bzw. von einer (systemischen) Erkrankung herrühren, die den gesamten Körper betrifft.

Häufige Ursachen

Die zwei häufigsten Ursachen für Kopfschmerzen sind Primärkopfschmerzen:

Seltenere Ursachen

In seltenen Fällen beruhen Kopfschmerzen auf einer seltener auftretenden Kopfschmerzerkrankung, die man Cluster-Kopfschmerzen nennt, oder auf einer der vielen sekundären Kopfschmerzerkrankungen (siehe Tabelle mit einigen Ursachen und Merkmalen von Kopfschmerzen). Einige sekundäre Kopfschmerzerkrankungen sind ernst, insbesondere solche, die das Gehirn betreffen, wie z. B. eine Hirnhautentzündung, einen Hirntumor oder eine Hirnblutung (intrazerebrale Hämorrhagie).

Fieber kann Kopfschmerzen verursachen, wie auch viele Infektionen, die nicht speziell das Gehirn betreffen. Solche Infektionen beinhalten die Lyme-Borreliose, das Rocky-Mountains-Fleckfieber und die Influenza (Virusgrippe).

Kopfschmerzen stellen sich auch bei Menschen ein, die den Koffeinkonsum oder die Einnahme von Schmerzmitteln (Analgetika) unterbrechen, nachdem sie diese lange Zeit eingenommen hatten (sogenannter Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch).

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung stellen Augenbelastung und Bluthochdruck (mit Ausnahme von extrem hohem Blutdruck) in der Regel keinen Grund für Kopfschmerzen dar.

Beurteilung von Kopfschmerzen

Die Ärzte konzentrieren sich auf Folgendes:

  • Sie bestimmen, ob die Kopfschmerzen eine andere Ursache haben (d. h., ob es sich um sekundäre Kopfschmerzen handelt)

  • Sie untersuchen auf Symptome, die darauf hinweisen könnten, dass die Kopfschmerzen von einer ernsten Erkrankung hervorgerufen werden.

Wenn keine Ursache feststellbar ist, wird versucht herauszufinden, welche Art von Primärkopfschmerz vorliegt.

Warnsignale

Bei Menschen mit Kopfschmerzen sind bestimmte Merkmale Grund zur Sorge:

  • Empfindungs- oder Sehveränderungen, plötzliche Muskelschwäche, Koordinationsverlust, Krampfanfälle, Sprach- und Verständnisschwierigkeiten oder Veränderungen des Bewusstseinszustandes, wie Benommenheit oder Verwirrtheit (die auf eine Hirnstörung hinweisen)

  • Fieber und ein steifer Nacken, der das Senken des Kinns auf die Brust schmerzhaft und manchmal unmöglich macht

  • Ein sehr plötzlicher, starker Kopfschmerz (Donnerschlagkopfschmerz)

  • Druckschmerz an den Schläfen (wie beim Frisieren) oder Kieferschmerzen beim Kauen

  • Das Vorliegen einer Krebserkrankung oder einer Erkrankung, die das Immunsystem schwächt (Immundefektkrankheit), wie AIDS

  • Einnahme eines Medikaments, das das Immunsystem unterdrückt (Immunsuppressivum)

  • Symptome mit Beteiligung des gesamten Körpers wie Fieber oder Gewichtsverlust

  • Zunehmend schlimmer werdende Kopfschmerzen (bezüglich Häufigkeit oder Schwere)

  • Rote Augen und Halo-Lichtringeffekte um die Lichtquellen

  • Sehr hoher Blutdruck

  • Kopfschmerzen, die nach dem 50. Lebensjahr beginnen

Wann ein Arzt zu konsultieren ist:

Menschen mit Warnsignalen sollten umgehend einen Arzt aufsuchen. Das Vorliegen eines Warnsignals kann bedeuten, dass die Kopfschmerzen von einer ernsten Erkrankung herrühren, wie zum Beispiel in folgenden Fällen:

  • Starke Kopfschmerzen mit Fieber und Nackenversteifung: Meningitis (Hirnhautentzündung) – eine lebensbedrohliche Infektion des mit Flüssigkeit gefüllten Raumes zwischen den Gewebeschichten, die Hirn und Rückenmark umhüllen (Meningen)

  • Donnerschlagkopfschmerz: Subarachnoidalblutung (Blutung innerhalb der Hirnhäute), die oft infolge eines geplatzten Aneurysmas entsteht

  • Ein Druckschmerz an den Schläfen, insbesondere bei älteren Menschen, die Gewicht verloren haben und Muskelschmerzen aufweisen: Riesenzellarteriitis

  • Kopfschmerzen bei Menschen mit Krebs oder einem geschwächten Immunsystem (aufgrund einer Erkrankung oder durch ein Medikament): Meningitis oder Krebs, der sich auf die Hirnhäute ausgebreitet hat

  • Rote Augen und Halo-Lichtringeffekte um die Lichtquellen: Glaukom, das ohne Behandlung zu einem irreversiblen Sehverlust führt

Personen, die keine der genannten Symptome aufweisen und Kopfschmerzen in einer bisher nicht erlebten Form bekommen oder deren gewöhnlichen Kopfschmerzen plötzlich ungewöhnlich stark werden, sollten ihren Arzt anrufen. Je nach den anderen Symptomen kann der Arzt den Betroffenen zu einer Untersuchung auffordern.

Was der Arzt unternimmt:

Ärzte stellen zunächst immer Fragen zu den Symptomen und zur Krankengeschichte des Patienten. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung. Die Ergebnisse der körperlichen Untersuchung und Aufnahme der Krankengeschichte durch den Arzt deuten meistens auf eine Ursache für die Schmerzen und die möglicherweise durchzuführenden Tests hin (siehe Tabelle mit einigen Ursachen und Merkmalen von Kopfschmerzen).

Der Arzt frag nach den Merkmalen der Kopfschmerzen:

  • Wie häufig sie auftreten

  • Wie lange sie andauern

  • Wo sich die Schmerzen befinden

  • Wie stark sie sind

  • Wie sich die Schmerzen anfühlen (zum Beispiel pochend, stumpf oder wie Messerstiche)

  • Ob noch weitere Symptome bestehen

  • Wie lange es dauert, bis plötzlich auftretende Kopfschmerzen ihren Höhepunkt erreichen

  • Was die Kopfschmerzen auslöst (z. B. ob sie nur beim Stehen auftreten), was sie verschlimmert und was sie lindert

Weitere Fragen sind unter anderem:

  • Ob der Betroffene zuvor bereits Kopfschmerzen hatte

  • Ob die Kopfschmerzen erneut aufgetreten sind und falls ja, wann sie einsetzten und wie oft sie aufgetreten sind

  • Ob die aktuellen Kopfschmerzen wie frühere Kopfschmerzen sind oder sich von diesen unterscheiden

Die Ärzte erkundigen sich auch nach Risikofaktoren für Kopfschmerzen. Hierzu gehören:

  • Ob die Patienten bestimmte Medikamente oder Substanzen einnehmen oder abgesetzt haben (insbesondere, wenn man zu viel Koffein zu sich nimmt oder die Einnahme von Koffein abgebrochen hat)

  • Ob sie an einer Erkrankung leiden, die für die Kopfschmerzen verantwortlich sein könnte

  • Ob der Betroffene Familienangehörige hat, die an starken Kopfschmerzen leiden

  • Ob der Betroffene sich vor Kurzem eine Kopfverletzung zugezogen hat

  • Ob sie sich kürzlich einer Spinalpunktion unterzogen haben

Die Betroffenen können über die oben genannten Fragen nachdenken und die Antworten notieren, bevor sie den Arzt aufsuchen. Manchmal bitten Ärzte die Patienten, einen Fragebogen zu ihren Kopfschmerzen auszufüllen, der einen Großteil der wichtigen Fragen umfasst. Die Patienten können den Fragebogen vor ihrem Termin ausfüllen und die Ergebnisse mitbringen. Schriftliche Notizen können hier Zeit sparen und bei der Beurteilung als Orientierungshilfe dienen.

Eine allgemeine körperliche Untersuchung wird durchgeführt. Der Schwerpunkt wird auf Kopf und Nacken, Gehirn, Rückenmark und Nervenfunktion gelegt (neurologische Untersuchung). Bisweilen wird auch eine Augenuntersuchung durchgeführt.

Tests

Die meisten Menschen benötigen keine Untersuchung. Falls jedoch der Arzt Verdacht auf eine schwerwiegende Erkrankung hegt, werden Untersuchungen durchgeführt. Für einige der verdächtigen Erkrankungen werden Tests so bald wie möglich durchgeführt. In anderen Fällen können die Tests innerhalb von einem oder mehreren Tagen durchgeführt werden.

In folgenden Fällen erfolgen sofort eine Magnetresonanztomografie (MRT) und/oder Magnetresonanzangiografie (die detaillierte Bilder von Blutgefäßen liefert) oder, falls keine MRT verfügbar oder eine solche kontraindiziert ist, eine Computertomografie (CT):

  • Donnerschlagkopfschmerz

  • Veränderungen des Bewusstseinszustandes, wie z. B. Benommenheit oder Verwirrtheit, aufweisen

  • Fieber und ein steifer Nacken, der das Senken des Kinns auf die Brust schmerzhaft und manchmal unmöglich macht

  • Eine Schwellung des Sehnervs (Papillenödem), die durch eine Augenuntersuchung mit Hilfe eines Ophthalmoskops festgestellt wird

  • Symptome, die ein Ansprechen des gesamten Körpers auf die Infektion nahelegen (Sepsis), wie einen bestimmten Ausschlag oder Schock

  • Symptome, die auf eine Fehlfunktion des Gehirns hindeuten, wie Empfindungs- oder Sichtveränderungen (einschließlich Doppeltsehen), plötzliche Muskelschwäche, Koordinationsverlust, Krampfanfälle oder Sprach- und Verständnisschwierigkeiten

  • Eine Kopfverletzung, die zu Kopfschmerzen und Bewusstlosigkeit führt

Bei einem Donnerschlagkopfschmerz wird sofort eine Magnetresonanzangiografie (oder CT) durchgeführt.

Wenn einer der folgenden Umstände besteht, wird etwa innerhalb eines Tages eine MRT durchgeführt:

  • Krebs

  • Ein geschwächtes Immunsystem (aufgrund einer Erkrankung wie AIDS oder durch ein Medikament)

Wenn die Betroffenen bestimmte weitere Merkmale aufweisen, wird innerhalb einiger Tage eine MRT oder (falls eine MRT nicht zur Verfügung steht oder eine solche kontraindiziert ist) eine CT durchgeführt. Beispiele hierfür sind:

  • Kopfschmerzen, die nach dem 50. Lebensjahr beginnen

  • Doppeltsehen

  • Neue Kopfschmerzen, die morgens beim Aufwachen schlimmer sind oder den Betroffenen aus dem Schlaf reißen

  • Ein Anstieg der Häufigkeit, Dauer oder Intensität chronischer Kopfschmerzen

Eine Spinalpunktion (Lumbalpunktion) wird in der Regel durchgeführt, wenn

Wenn die Ärzte der Meinung sind, dass der Druck innerhalb des Schädels erhöht sein könnte – zum Beispiel durch eine Raumforderung (wie einen Tumor, Abszess oder Bluterguss), wird vor der Spinalpunktion eine CT oder MRT durchgeführt. Eine Spinalpunktion vorzunehmen kann gefährlich sein, wenn der Druck innerhalb des Schädels erhöht ist. Wenn Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit entnommen wird und der Druck innerhalb des Schädels erhöht ist, können sich Teile des Gehirns plötzlich nach unten verschieben. Wenn diese Teile durch die kleinen Öffnungen in den Geweben gepresst werden, die das Gehirn in seine Bestandteile teilen, resultiert daraus eine lebensbedrohliche Erkrankung, die Gehirnhernie genannt wird.

Abhängig von den Testergebnissen und den vermuteten Ursachen werden weitere Tests innerhalb von Stunden oder Tagen durchgeführt.

Tabelle

Behandlung von Kopfschmerzen

Die Behandlung der Kopfschmerzen richtet sich nach der Ursache.

Falls es sich um Spannungskopfschmerzen handelt oder diese von einer leichten Virusinfektion begleitet sind, können die Betroffenen zur Schmerzlinderung Paracetamol oder ein nichtsteroidales Antirheumatikum (NSAR) einnehmen.

Wichtige Informationen für ältere Menschen: Kopfschmerzen

Wenn die Kopfschmerzen nach dem 50. Lebensjahr beginnen, gehen Ärzte in der Regel davon aus, dass diese durch eine andere Erkrankung verursacht werden, soweit keine andere Diagnose gestellt wird. Viele Erkrankungen, die Kopfschmerzen verursachen, wie z. B. Riesenzellarteriitis, Hirntumoren und Subduralhämatome (die von Stürzen herrühren können), sind bei älteren Menschen üblicher.

Die Kopfschmerzbehandlung kann bei älteren Menschen eingeschränkt sein. Es ist wahrscheinlicher, dass ältere Menschen an Erkrankungen leiden, die sie an der Einnahme einiger Medikamente hindern, die zur Behandlung von Migränen und Cluster-Kopfschmerzen eingesetzt werden (Triptane und Dihydroergotamine – siehe die Tabelle Medikamente zur Behandlung von Migräne). Zu diesen Erkrankungen gehören Angina pectoris, koronare Herzkrankheit und nicht behandelter hoher Blutdruck.

Wenn ältere Menschen Medikamente zur Behandlung von Kopfschmerzen einnehmen müssen, die sie benommen machen, müssen sie streng überwacht werden.

Wichtigste Punkte

  • Die meisten Kopfschmerzen haben keine ernste Ursache, besonders dann, wenn sie Menschen in jungem Alter betreffen, sich mit der Zeit nicht verändern und die Untersuchungsergebnisse normal sind.  

  • Bei häufigen Kopfschmerzen oder Warnsignalen sollten die Betroffenen einen Arzt aufsuchen.  

  • Die meisten Kopfschmerzen bedürfen keiner Untersuchung. 

  • Der Arzt kann in der Regel die Art oder die Ursache der Kopfschmerzen anhand der Krankengeschichte, der Symptome und der Ergebnisse der körperlichen Untersuchung feststellen.

  • Bei Verdacht auf eine schwerwiegende Erkrankung (wie z. B. eine Blutung oder Infektion) wird möglichst umgehend eine MRT durchgeführt.  

  • Wenn der Arzt eine Hirnhautentzündung, Gehirnentzündung (Enzephalitis) oder Subarachnoidalblutung vermutet, wird in der Regel nach einer CT oder MRT eine Spinalpunktion durchgeführt, um Auffälligkeiten auszuschließen, die den Druck innerhalb des Schädels erhöhen.