Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)

VonJohn E. Greenlee, MD, University of Utah Health
Überprüft/überarbeitet März 2022
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Die progressive multifokale Leukenzephalopathie ist eine selten auftretende Gehirninfektion, die durch das JC-(John-Cunningham-)Virus verursacht wird.

  • Personen mit einem geschwächten Immunsystem sind für diese Erkrankung anfällig.

  • Die Betroffenen werden möglicherweise ungeschickt, haben Probleme beim Sprechen und werden teilweise blind. Die geistige Funktion nimmt rasch ab.

  • Innerhalb von 9 Monaten tritt gewöhnlich der Tod ein.

  • Es werden eine Bildgebung des Kopfbereiches und eine Spinalpunktion durchgeführt.

  • Eine Behandlung der Erkrankung, die das Immunsystem geschwächt hat, kann das Leben der betroffenen Patienten verlängern.

(Siehe auch Überblick über Gehirninfektionen.)

Die progressive multifokale Leukenzephalopathie wird durch eine Infektion mit dem JC-Virus verursacht. Das JC-Virus wird häufig in der Kindheit erworben. Die meisten Erwachsenen sind mit dem JC-Virus infiziert, entwickeln die Erkrankung jedoch nicht.

Das Virus scheint zu ruhen, bis etwas eintritt, das es ihm ermöglicht (z. B. ein geschwächtes Immunsystem), reaktiviert zu werden und sich zu vermehren. Daher sind von dieser Erkrankung hauptsächlich Menschen betroffen, deren Immunsystem durch eine Krankheit geschwächt ist (wie z. B. Leukämie, ein Lymphom oder AIDS) oder die Arzneimittel einnehmen, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva) oder verändern (Immunmodulatoren). Zu solchen Arzneimitteln gehören jene, die eingesetzt werden, um die Abstoßung transplantierter Organe zu verhindern oder um Krebs oder Autoimmunerkrankungen wie systemischen Lupus erythematodes (Lupus) oder multiple Sklerose zu behandeln. Zu diesen Arzneimitteln zählen Natalizumab und Rituximab, die monoklonale Antikörper sind, sowie Brentuximab Vedotin, ein Krebsmedikament in Kombination mit einem bestimmten Antikörper, der sich gegen Krebszellen richtet.

Symptome der PML

Das JC-Virus scheint keine Symptome zu verursachen, bis es reaktiviert ist.

Die Symptome der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie können schrittweise einsetzen und verschlechtern sich in der Regel zunehmend. Sie unterscheiden sich danach, welcher Teil des Gehirns infiziert ist.

Die ersten Symptome können Unbeholfenheit, Schwäche oder Schwierigkeiten beim Sprechen oder Denken sein. Mit fortschreitender Erkrankung entwickeln viele Menschen Demenz und können nicht mehr sprechen. Das Sehvermögen kann beeinträchtigt sein. Patienten mit progressiver multifokaler Leukenzephalopathie werden schließlich bettlägerig. In seltenen Fällen kommt es, vor allem bei Personen mit AIDS, zu Kopfschmerzen und Krampfanfällen.

Häufig tritt der Tod innerhalb von 1 bis 9 Monaten nach Symptombeginn ein, doch einige wenige Menschen überleben länger (etwa 2 Jahre).

Personen, die während der Einnahme eines Mittels zur Unterdrückung des Immunsystems (wie z. B. Natalizumab) eine progressive multifokale Leukenzephalopathie entwickeln, erholen sich möglicherweise, sobald das Arzneimittel abgesetzt wird. Viele haben jedoch weiterhin Probleme im Zusammenhang mit der Infektion.

Diagnose der PML

  • Magnetresonanztomografie

  • Eine Spinalpunktion

Unerklärliche, sich zunehmend verschlechternde Symptome bei Personen mit einem geschwächten Immunsystem legen eine progressive multifokale Leukenzephalopathie nahe.

Gewöhnlich wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfbereiches durchgeführt. Damit können gewöhnlich Auffälligkeiten erkannt werden, die auf die Diagnose hinweisen.

Eine Spinalpunktion (Lumbalpunktion) wird durchgeführt, um eine Probe der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (die Flüssigkeit, die durch das Gewebe fließt, welches das Gehirn und das Rückenmark bedeckt) zu entnehmen. Die Methode der Polymerase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction, PCR), die viele Kopien eines Gens erzeugt, wird verwendet, um die DNA-Sequenz des JC-Virus in einer Probe der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit zu identifizieren.

Behandlung der PML

  • Wenn die Ursache ein geschwächtes Immunsystem ist, Behandlung der Ursache

Für die progressive multifokale Leukenzephalopathie gibt es keine erfolgreiche Behandlung. Wenn jedoch die Erkrankung behandelt wird, die das Immunsystem geschwächt hat, dann überleben die Betroffenen länger. Wenn z. B. AIDS die Ursache ist, wird eine antiretrovirale Therapie eingesetzt.

Wenn Personen, die Immunsuppressiva oder andere Arzneimittel einnehmen, die das Immunsystem beeinflussen (wie Natalizumab), diese Arzneimittel absetzen, kann dadurch die progressive multifokale Leukenzephalopathie abklingen. Danach wird ein Plasmaaustausch durchgeführt, um das Arzneimittel aus dem Blut zu entfernen, vor allem wenn es sich hierbei um Natalizumab handelt (zur Behandlung von multipler Sklerose).

Personen, die mit einer antiretroviralen Therapie behandelt werden oder die Immunsuppressiva absetzen, können das Immunrekonstitutionssyndrom (IRS) entwickeln. Bei dieser Erkrankung startet das sich erholende Immunsystem einen intensiven Angriff auf das JC-Virus, wodurch sich die Symptome vorübergehend verschlechtern können. Kortikosteroide können helfen, die Symptome zu lindern.

Pembrolizumab und Nivolumab (Immun-Checkpoint-Inhibitoren) könnten helfen, die Symptome zu lindern und das Fortschreiten der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie zu verlangsamen, aber diese Wirkungen wurden bisher nicht bestätigt.