Genetische Veranlagung und Ansprechen auf Arzneimittel

VonShalini S. Lynch, PharmD, University of California San Francisco School of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Unterschiede in der genetischen Veranlagung (Erbinformation) beeinflussen, was der Körper mit einem Arzneimittel macht und wie das Arzneimittel auf den Körper wirkt. Die Untersuchung der genetisch bedingten Unterschiede im Ansprechen auf Arzneimittel nennt man Pharmakogenetik. In manchen Fällen kann der Spiegel eines Enzyms, das Medikamente verstoffwechselt, gemessen werden, bevor die Therapie begonnen wird. Dies sollte vor der Verordnung in Betracht gezogen werden.

    Manche Menschen verarbeiten (verstoffwechseln) aufgrund ihrer genetischen Veranlagung Arzneimittel nur langsam. Dadurch kann sich ein Arzneimittel im Körper anreichern und toxisch wirken. Andere wiederum verarbeiten Arzneimittel so rasch, dass der Arzneimittelspiegel im Blut nach einer normalen Dosis nie hoch genug wird, um eine Wirkung zu zeigen.

    Bei etwa der Hälfte der US-Bevölkerung arbeitet die N-Acetyltransferase, ein Leberenzym, das bestimmte Arzneimittel verstoffwechselt, nur langsam. Solche Menschen werden als langsame Acetylierer bezeichnet. Arzneimittel wie Isoniazid (zur Behandlung von Tuberkulose), die von diesem Enzym verarbeitet werden, erreichen bei langsamen Acetylierern höhere Konzentrationen im Blut und bleiben länger im Körper als bei Menschen, bei denen dieses Enzym Arzneimittel rasch verstoffwechselt (schnelle Acetylierer).

    Etwa 1 von 1.500 Menschen weist einen niedrigen Spiegel von Pseudocholinesterase auf, einem Blutenzym, das Arzneimittel wie Succinylcholin, das manchmal bei chirurgischen Eingriffen zur zeitweiligen Muskelentspannung verabreicht wird, deaktiviert. Wenn Succinylcholin nur langsam deaktiviert wird, hält die Muskelentspannung länger an und Patienten können nach einer Operation unter Umständen nicht so schnell wieder eigenständig atmen. Sie brauchen dann vielleicht für längere Zeit ein Beatmungsgerät.

    Bei Schwarzen haben etwa 10 % der Männer und ein geringerer Anteil der Frauen einen Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel. G6PD ist ein Enzym, das die roten Blutkörperchen vor bestimmten giftigen Chemikalien schützt. Bei Menschen mit G6PD-Mangel zerstören manche Arzneimittel, wie z. B. die Malariamittel Chloroquin und Primaquin, die roten Blutkörperchen und verursachen eine hämolytische Anämie.

    Bei 1 von 20.000 Menschen liegt ein genetischer Defekt vor, der Muskeln überempfindlich auf inhalierte Anästhetika (Narkosemittel) wie Halothan, Isofluran und Sevofluran reagieren lässt. Wenn solche Patienten eines dieser Anästhetika zusammen mit einem muskelentspannenden Mittel erhalten (üblicherweise Succinylcholin), kann sich daraus eine lebensbedrohliche maligne Hyperthermie entwickeln. Es kommt zu sehr hohem Fieber. Weitere Symptome sind Muskelversteifung, Herzrasen und Blutdruckabfall.