Übersicht über Porphyrien

VonHerbert L. Bonkovsky, MD, Wake Forest University School of Medicine;
Sean R. Rudnick, MD, Wake Forest University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Feb. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Unter Porphyrie wird eine Gruppe von Störungen verstanden, bei denen es an Enzymen mangelt, die an der Bildung von Häm beteiligt sind.

Häm ist eine chemische Verbindung, die Eisen enthält und dem Blut seine rote Farbe gibt. Häm ist ein wichtiger Bestandteil von verschiedenen bedeutenden Proteinen im Körper. Eines dieser Proteine ist Hämoglobin, das den roten Blutkörperchen das Tragen von Sauerstoff ermöglicht. Häm ist außerdem ein wichtiger Bestandteil von bestimmten Enzymen, die in der Leber gebildet werden. Enzyme sind spezielle Proteine, die von Zellen produziert werden, die chemische Reaktionen im Körper beschleunigen.

Häm wird hauptsächlich im Knochenmark und in der Leber in einem komplizierten Vorgang gebildet, an dem acht verschiedene Enzyme gemeinsam beteiligt sind. Die Enzyme arbeiten nacheinander in separaten Schritten, bei denen die ursprüngliche Verbindung über mehrere verschiedene Zwischenverbindungen transportiert wird, bevor dann schließlich Häm entsteht. Wenn ein Mangel an einem dieser Enzyme besteht, können sich bestimmte Porphyrine (Porphyrinvorläufer) ansammeln. Sie können sich in Folgendem ansammeln:

  • Knochenmark

  • Leber

  • Haut

  • Andere Gewebe

Häm-Vorläufer können auch im Blut auftreten oder über den Urin oder Stuhl ausgeschieden werden. Die angesammelten Häm-Vorläufer verursachen Symptome und können oft durch Tests festgestellt werden, mit deren Hilfe Porphyrie diagnostiziert wird. Die speziellen sich ansammelnden Häm-Vorläufer und die sich entwickelnden Symptome hängen davon ab, an welchem Enzym es mangelt.

Unter Porphyrie wird eine Gruppe von verschiedenen Störungen verstanden, bei denen es bei jeder ausgebildeten Art an einem der Enzyme mangelt, die an der Bildung von Häm beteiligt sind. Jeder Enzymmangel wird von einer Anomalie des Gens (einer Mutation) verursacht, das für die Herstellung des fraglichen Enzyms verantwortlich ist. Das abnorme Gen wird fast immer von einem oder selten von beiden Elternteilen vererbt.

Klassifizierung der Porphyrien

Porphyrien können in verschiedener Weise eingeteilt werden. Die genaueste Einteilung ist die nach dem jeweils vorliegenden spezifischen Enzymmangel.

Ein einfacheres Klassifikationssystem teilt Porphyrien in akute und kutane ein:

  • Akute Porphyrien: Porphyrien, die neurologische, psychische und abdominale (den Bauch und Unterleib betreffende) Symptome verursachen

  • Kutane Porphyrien: Porphyrien, die Symptome auf der Haut verursachen, wenn die Haut Sonnenlicht ausgesetzt wird

Ein drittes Klassifikationssystem teilt die Störungen nach dem Ort ein, an dem die überschüssigen Vorläufer entstehen:

  • Hepatische Porphyrien: Vorläufer entstehen vorwiegend in der Leber.

  • Erythropoetische Porphyrien: Vorläufer entstehen vorwiegend im Knochenmark.

Manche Porphyrien kommen deshalb in mehr als nur einer dieser Kategorien vor.

Akute Porphyrien

Akute Porphyrien verursachen zeitweilige Anfälle abdominaler, psychischer und neurologischer Symptome. Diese Anfälle werden typischerweise durch verschreibungspflichtige Medikamente (einschließlich oraler Kontrazeptiva), Alkohol und andere Faktoren wie Fasten, Infektionen oder Stress ausgelöst. Bei jungen Frauen sind hormonelle Veränderungen während des Menstruationszyklus ebenfalls ein typischer Auslöser für akute Anfälle.

Die häufigste Form von akuter Porphyrie ist:

Zu den anderen Formen akuter Porphyrien zählen:

  • Porphyria variegata

  • Hereditäre Koproporphyrie

  • Delta-Aminolävulinsäure-Dehydratase-Mangel-Porphyrie, die extrem selten ist

Einige akute Porphyrien (Porphyria variegata und hereditäre Koproporphyrie) können auch Symptome der Haut (kutane Symptome) verursachen.

Kutane Porphyrien

Kutane Porphyrien verursachen Symptome mit Beteiligung der Haut, wenn die Haut dem Sonnenlicht ausgesetzt wurde. Bei diesen Porphyrien lagern sich bestimmte Porphyrine in der Haut ab. Unter Einwirkung von Licht und Sauerstoff bilden diese Porphyrine eine instabile Form von Sauerstoff, die Hautschäden verursachen kann.

Einige kutane Porphyrien rufen Symptome hervor, die tendenziell dauerhaft vorhanden sind oder immer wiederkehren. Zu diesen Porphyrien zählen:

  • Porphyria cutanea tarda, die am häufigsten auftretende kutane Porphyrie

  • Kongenitale erythropoetische Porphyrie

  • Hepatoerythropoetische Porphyrie (extrem selten)

Die Haut wird im Allgemeinen auf den sonnenbestrahlten Stellen (wie Gesicht, Nacken, Hände und Vorderarme) oder auf geschädigter Haut empfindlich und bildet Blasen. Die gleichen Hautsymptome treten auch bei zwei anderen akuten Porphyrien auf (Porphyria variegata und hereditäre Koproporphyrie). Da die Symptome nach der Sonneneinwirkung eine Weile dauern, wissen die Betroffenen oft nicht, dass Sonneinwirkung und Symptome zusammenhängen.

Bei anderen kutanen Porphyrien treten die Symptome kurz nach Sonneneinwirkung auf. Zu diesen Porphyrien zählen:

Die Betroffenen entwickeln innerhalb von Minuten oder Stunden nach der Sonneneinwirkung einen brennenden Schmerz ohne Blasenbildung. Der Schmerz kann stunden- oder tagelang anhalten. Das Aussehen der Haut ändert sich häufig nicht, aber es können eine Schwellung und Rötung auftreten. Menschen mit diesen Erkrankungen leiden in der Regel unter Frühwarnsymptomen wie Kribbeln oder leichtem Brennen, den sogenannten prodromalen Symptomen, bevor sie die schwereren und anhaltenderen Hautsymptome entwickeln. Menschen, die solche Warnsymptome haben, sollten sofort Schutz vor der Sonne suchen, um ein Auftreten der schwereren Symptome zu verhindern.

Diagnose von Porphyrien

  • Messung von Porphyrinen und Porphyrinvorläufern im Urin oder Blut

  • Genetische Untersuchung

Blut- oder Urintests

Blut und Urin können auf Porphyrine oder deren Vorläufer getestet werden. Bei vielen Porphyrien kann der Urin eine rote oder rötlichbraune Verfärbung annehmen. Manchmal erscheint die Verfärbung erst, nachdem der Urin für Minuten bis Stunden im Licht und an der Luft gestanden hat.

Sekundäre Porphyrinurie

Ärzte diagnostizieren Porphyrien, indem sie den Gehalt von Porphyrin und Porphyrinvorläufern im Urin bestätigen. Mehrere, nicht mit den Porphyrien in Zusammenhang stehende Erkrankungen, wie Bluterkrankungen oder Leberkrankheiten und Belastungen durch Medikamente oder Toxine, wie z. B. Alkohol, Benzol und Blei, können an sich die Konzentration der Porphyrine im Urin erhöhen. Dieses Phänomen wird als sekundäre Porphyrinurie bezeichnet. Sie ist eine häufige Ursache für eine fehlerhafte Überdiagnose einer Porphyrie.

Screening auf Porphyrien

Um eine Belastung mit Stoffen zu vermeiden, die Anfälle einer akuten Porphyrie oder Symptome einer kutanen Porphyrie hervorrufen können, müssen Betroffene zunächst wissen, ob sie eine Genmutation haben, die zu einen Enzymmangel führt. Üblicherweise werden die Gene anhand einer Blut- oder Speichelprobe analysiert.

Ein Kind, bei dem ein Elternteil eine bekannte Genanomalie hat, die eine akute Porphyrie verursachen kann, sollte idealerweise vor der Pubertät auf das Vorhandensein derselben Mutation getestet werden. Das Kind kann dann im Vorfeld lernen, wie es akute Anfälle, die selten vor der Pubertät auftreten, vermeiden kann.

Ältere Familienmitglieder einer Person einer bekannten Genanomalie sollten ebenfalls getestet werden, um die Möglichkeit zu bestätigen oder auszuschließen, dass sie dazu neigen, eine akute Porphyrie zu entwickeln.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass MSD MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American Porphyria Foundation: Möchte Patienten und Familien, die von Porphyrien betroffen sind, aufklären und unterstützen und die Forschung zur Behandlung und Vorbeugung von Porphyrien unterstützen

  2. American Porphyria Foundation: Safe/Unsafe Drug Database: Enthält eine aktuelle Liste der in den USA verfügbaren Medikamente, um Ärzte bei der Verschreibung von Medikamenten für Patienten mit Porphyrie zu unterstützen

  3. Die United Porphyrias Association: bietet Patienten und deren Familien Aufklärung und Unterstützung; liefert verlässliche Informationen für Gesundheitsdienstleister; fördert und unterstützt klinische Forschung zur Verbesserung der Diagnose und Behandlung der Porphyrien

  4. European Porphyria Network: fördert die klinische Forschung zu Porphyrien

  5. The Drug Database for Acute Porphyrias: enthält eine aktuelle Liste der in den Europa verfügbaren Medikamente, um Ärzte bei der Verschreibung von Medikamenten für Patienten mit Porphyrie zu unterstützen