Schilddrüsenüberfunktion bei Neugeborenen und Kindern

VonAndrew Calabria, MD, The Children's Hospital of Philadelphia
Überprüft/überarbeitet Sep. 2022
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Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) bezeichnet die übermäßige Produktion von Schilddrüsenhormonen.

  • Die Ursache ist meist Morbus Basedow, jedoch können auch eine Wucherung (Knötchen) oder eine Entzündung in der Schilddrüse, Medikamente und Infektionen zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen.

  • Die Symptome sind vom Alter des Kindes abhängig, beinhalten aber typischerweise eine Beschleunigung der Körperfunktionen.

  • Die Diagnose basiert auf Bluttests und bildgebenden Verfahren.

  • Die Behandlung beinhaltet üblicherweise Thyreostatika und Betablocker.

(Siehe auch Schilddrüsenüberfunktion bei Erwachsenen.)

Die Schilddrüse ist eine endokrine Drüse im Hals. Die endokrinen Drüsen schütten Hormone in die Blutbahn aus. Hormone sind chemische Botenstoffe, die die Aktivität eines anderen Körperbereichs beeinflussen.

Die Schilddrüse schüttet Schilddrüsenhormone aus. Die Schilddrüsenhormone kontrollieren die Geschwindigkeit des Stoffwechsels, unter anderem wie schnell das Herz schlägt sowie die Temperaturregulierung. Wenn die Schilddrüse zu viele dieser Hormone bildet, werden diese Funktionen beschleunigt.

Lage der Schilddrüse

Eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) kann beim sich entwickelnden Fötus oder beim Neugeborenen oder in der Kindheit oder im Jugendalter auftreten.

Neugeborene

Eine Schilddrüsenüberfunktion oder Basedow-Krankheit (Morbus Basedow bei Geburt) ist bei Neugeborenen selten, kann aber potenziell tödlich sein, wenn sie nicht erkannt und durch einen Arzt behandelt wird, der auf die Behandlung von Störungen des endokrinen Systems bei Kindern spezialisiert ist (ein pädiatrischer Endokrinologe). Dies geschieht im Allgemeinen dann, wenn die Mutter während der Schwangerschaft an der Basedow-Krankheit erkrankt war oder vor der Schwangerschaft gegen Basedow behandelt wurde. Bei der Basedow-Krankheit produziert der mütterliche Organismus schilddrüsenstimulierende Antikörper, die ihre Schilddrüsenhormonproduktion anregen. Diese Antikörper können durch die Plazenta zum Fötus gelangen und dessen Schilddrüse dazu anregen, zu viele Schilddrüsenhormone zu produzieren, was zum Tod oder einer Frühgeburt führen kann. Da Säuglinge nach der Geburt keine Antikörper von der Mutter mehr bekommen, tritt Morbus Basedow bei Neugeborenen normalerweise nur vorübergehend auf. Die Dauer kann jedoch variieren.

Kinder und Jugendliche

Bei mehr als 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen ist Morbus Basedow die Ursache einer Schilddrüsenüberfunktion. Die Rate der an Basedow Erkrankenden steigt während der Pubertät, und 80 Prozent der Fälle treten nach dem 11. Lebensjahr auf. Viele Kinder mit Basedow-Krankheit haben eine familiäre Vorgeschichte von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse oder von anderen Autoimmunerkrankungen. Kinder mit Down-Syndrom tragen ein erhöhtes Risiko für Morbus Basedow.

Seltenere Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) sind Wucherungen (Knötchen) an der Schilddrüse, eine Entzündung der Schilddrüse (Hashimoto-Thyreoiditis, wobei die Schilddrüsenüberfunktion nur vorübergehend auftritt und die Kinder dann eine Schilddrüsenunterfunktion) entwickeln, und manche Medikamente. Gelegentlich kann eine vorübergehende Schilddrüsenüberfunktion auch durch Infektionen, darunter Bakterien (akute Thyreoiditis) und Viren (subakute Thyreoiditis), hervorgerufen werden.

Symptome

Die Symptome der Schilddrüsenüberfunktion hängen vom Alter des Kindes ab.

Föten

Die Symptome der Schilddrüsenüberfunktion beim Fötus können bereits im zweiten Trimester auftreten. Betroffene Föten zeigen ein schlechtes Wachstum, eine schnelle Herzfrequenz und eine vergrößerte Schilddrüse (Kropf). Wenn die Erkrankung schon lange vor der Geburt vorliegt und unbehandelt bleibt, sterben 10 bis 15 Prozent der Neugeborenen. Andere weisen eine beeinträchtigte intellektuelle Entwicklung, Gedeihstörung und Kleinwüchsigkeit auf.

Neugeborene

Bei einem betroffenen Neugeborenen sind die Körperfunktionen erhöht, wie eine schnellere Herzfrequenz und Atmung, der Säugling ist reizbar und nimmt bei verstärktem Appetit nur wenig zu. Andere Symptome beinhalten Gedeihstörung, Erbrechen und Durchfall. Das Neugeborene kann, genau wie die Mutter, hervorquellende Augen (Exophthalmus) haben. Wenn das Neugeborene eine vergrößerte Schilddrüse (angeborener Kropf) hat, kann die Schilddrüse auf die Luftröhre drücken und die Atmung bei der Geburt behindern. Eine stark beschleunigte Herzfrequenz kann zur Herzinsuffizienz führen.

Bei unbehandelter Schilddrüsenüberfunktion kann der Spalt zwischen den Schädelknochen zu früh zuwachsen (Kraniostenose) und es kann zu einer geistigen Behinderung, Wachstumsdefiziten, Kleinwuchs und Hyperaktivität in der späteren Kindheit kommen.

Kinder und Jugendliche

Die Symptome bei Schilddrüsenüberfunktion äußern sich in der Beschleunigung der Körperfunktionen:

  • Schlafprobleme

  • Hyperaktivität

  • Schwitzen

  • Erschöpfung

  • Gewichtsverlust

  • Erhöhte Herzfrequenz und erhöhter Blutdruck

  • Häufige Stuhlgänge

  • Tremor (Zittrigkeit)

Die Körperfunktionen nehmen zu, Konzentration und Leistung in der Schule nehmen hingegen ab. Ein Kropf kann auftreten. Die Kinder können rote oder hervorstehende Augen haben.

Die Symptome der akuten Thyreoiditis entwickeln sich plötzlich. Es kommt zu einer Druckempfindlichkeit über der Schilddrüse und Fieber. Bei der subakuten Thyreoiditis liegen diese Symptome zwar auch vor, sind aber weniger schwerwiegend und können nach einer Viruserkrankung auftreten. Das Fieber kann mehrere Wochen andauern.

Komplikation von Hyperthyreoidismus

Eine thyreotoxische Krise ist eine seltene, schwere Komplikation der Schilddrüsenüberfunktion und ein lebensbedrohlicher Notfall. Bei der thyreotoxischen Krise ist die Schilddrüse plötzlich extrem aktiv. Alle Körperfunktionen werden gefährlich stark beschleunigt. Die Symptome bei betroffenen Kindern beinhalten eine stark beschleunigte Herzfrequenz, eine hohe Körpertemperatur, Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und Veränderungen der geistigen Verfassung. Eine thyreotoxische Krise kann zu Koma und Tod führen.

Diagnose

  • Schilddrüsenfunktionstests

  • Manchmal bildgebende Diagnostikverfahren

Bei Neugeborenen besteht Verdacht auf eine Schilddrüsenüberfunktion, wenn ihre Mutter aktuell an Morbus Basedow leidet oder Morbus Basedow in der Vorgeschichte hatte und hohe Konzentrationen von schilddrüsenstimulierenden Antikörpern aufweist. Die Ergebnisse des routinemäßigen Bluttests im Krankenhaus nach der Geburt zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion, die hauptsächlich durchgeführt werden, um auf eine Schilddrüsenunterfunktion zu testen, können beim Neugeborenen auf eine Schilddrüsenüberfunktion hinweisen. Zur Bestimmung der Schilddrüsenhormone im Blut (Schilddrüsenfunktionstests) werden Tests durchgeführt, um die Diagnose zu bestätigen. Sobald bei dem Neugeborenen eine Schilddrüsenüberfunktion diagnostiziert wurde, können bildgebende Verfahren durchgeführt werden, um die Größe und Lage der Schilddrüse zu bestimmen.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen werden zudem Schilddrüsenfunktionstests durchgeführt. Biotin ist ein gebräuchliches rezeptfreies Nahrungsergänzungsmittel, das die Schilddrüsenfunktionstests beeinträchtigen kann, indem bei bestimmten Hormonen zu falschen Werten führt. Die Anwendung von Biotin sollte mindestens 2 Tage vor der Durchführung der Tests abgesetzt werden.

Bei älteren Kindern mit Morbus Basedow wird auch eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, wenn sich die Schilddrüse asymmetrisch anfühlt oder eine Wucherung (Knötchen) auf der Schilddrüse spürbar ist. Eine Computertomografie (CT) oder eine Ultraschalluntersuchung kann auch durchgeführt werden, wenn der Arzt eine Eitertasche (Abszess) oder einen Geburtsfehler vermutet. Wenn bei der Ultraschalluntersuchung ein Knötchen entdeckt wird, wird ein Stück davon mit einer Nadel entfernt (als Feinnadelaspirationsbiopsie bezeichnet), um zu bestimmen, ob das Kind ein Schilddrüsenkarzinom hat. Ärzte können auch ein bildgebendes Verfahren namens Radionuklidscanning durchführen, um ein Schilddrüsenknötchen zu untersuchen.

Prognose

Neugeborene, die bereits als Fötus eine Schilddrüsenüberfunktion entwickelt haben, können stark betroffen sein, wenn die Erkrankung bis zur Geburt noch nicht festgestellt wurde. Der Spalt zwischen den Schädelknochen kann sich zu früh schließen (Kraniostenose), und es kann zu einer geistigen Behinderung, Wachstumsdefiziten und Kleinwuchs kommen. Etwa 10 bis 15 Prozent der Neugeborenen können sterben.

Säuglinge mit Basedow-Krankheit bei Geburt erholen sich fast immer innerhalb von 6 Monaten. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft keine Medikamente zur Unterdrückung der Schilddrüsenhormonproduktion (Thyreostatika) eingenommen hat, kann beim Neugeborenen bei der Geburt eine Schilddrüsenüberfunktion vorliegen. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft Medikamente einnimmt, zeigen die Neugeborenen möglicherweise erst 3 bis 7 Tage nach der Geburt Symptome. (Siehe auch Behandlung der Basedow-Krankheit während der Schwangerschaft.)

Ältere Babys mit Morbus Basedow können auf Schilddrüsenmedikamente ansprechen. Sie benötigen möglicherweise zusätzliche Therapien zur dauerhaften Behandlung der Erkrankung, wenn die Thyreostatika nicht wirken oder die Symptome erneut auftreten.

Behandlung

  • Thyreostatika

  • Betablocker

  • Manchmal Jod oder Hydrocortison

  • Manchmal operative Eingriffe

Babys und Kinder jeden Alters, einschließlich Neugeborene, erhalten Thyreostatika (wie etwa Methimazol), die die Produktion der Schilddrüsenhormone unterdrücken, und Betablocker, das heißt, Medikamente, die zur Verlangsamung der Herzfrequenz führen. Betablocker werden nur dann eingesetzt, wenn die Herzfrequenz oder der Blutdruck zu hoch sind. Sobald die Thyreostatika wirken, werden die Betablocker abgesetzt.

Neugeborenen kann auch Jod, oral als Tropfen, oder Hydrocortison, über die Vene, verabreicht werden, wenn andere Therapien keine Besserung bringen. Die Medikamente können abgesetzt werden, sobald die plazentagängigen Antikörper der Mutter aus dem Blutkreislauf des Babys verschwinden. Säuglinge, die mit Thyreostatika behandelt werden, müssen sorgfältig überwacht werden, um sicherzustellen, dass die Behandlung keine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) verursacht, die sich auf Wachstum und Entwicklung auswirken kann.

Neugeborene mit angeborener Hyperthyreose erholen sich fast immer innerhalb von 6 Monaten und benötigen dann keine Thyreostatika mehr. Die Symptome können bei älteren mit Thyreostatika behandelten Kindern letztendlich abklingen (als Remission bezeichnet), jedoch bei manchen Kindern auch wieder auftreten (Rezidiv), die dann weiterhin behandelt werden müssen.

Babys und Kinder, die an einer Komplikation, der sogenannten thyreotoxischen Krise leiden, können Jod-Tropfen in den Mund oder Hydrocortison über die Vene verabreicht bekommen. Diese Komplikation ist jedoch selten.

Manchmal benötigen ältere Kinder (ab 11 Jahren) mit Morbus Basedow zusätzliche Behandlungen zur dauerhaften Behandlung der Erkrankung. Eine dauerhafte Behandlung (endgültige oder definitive Therapie) kann erforderlich sein, wenn die Thyreostatika nicht wirken (oder das Kind sie nicht nimmt) oder wenn es zu schweren Nebenwirkungen kommt. Bei der definitiven Therapie wird die Drüse mit radioaktivem Jod oder operativ entfernt. Radioaktives Jod wird allerdings Kindern unter 10 Jahren meist nicht verabreicht und hilft bei größeren Schilddrüsen häufig nicht. Daher kann bei Kindern und Jugendlichen mit diesen Faktoren stattdessen eine Operation erfolgen.

Die Knötchen werden operativ entfernt.

Die akute Thyreoiditis wird mit Antibiotika behandelt. Bei der subakuten Thyreoiditis werden die Schmerzen allerdings mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) behandelt. Kinder erhalten keine Thyreostatika, sondern möglicherweise Betablocker.