Bauchspeicheldrüsentransplantation

VonMartin Hertl, MD, PhD, Rush University Medical Center
Überprüft/überarbeitet Aug. 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Unter einer Bauchspeicheldrüsentransplantation versteht man die Entnahme einer gesunden Bauchspeicheldrüse eines vor Kurzem verstorbenen Spenders oder in seltenen Fällen eines Teils der Bauchspeicheldrüse eines lebenden Patienten und die Einpflanzung dieser bzw. dieses Teils in den Körper des Patienten mit schwerem Diabetes, dessen Bauchspeicheldrüse nicht mehr ausreichend Insulin produziert.

(Siehe auch Übersicht über die Transplantation.)

Bei Personen, die an Diabetes mellitus leiden und deren Bauchspeicheldrüse nicht genug Insulin produzieren kann, wird eine Transplantation der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) durchgeführt. Mehr als 80 Prozent der Diabetiker mit einem Bauchspeicheldrüsentransplantat haben nach dem Eingriff normale Blutzuckerwerte und müssen nicht länger Insulin spritzen. Dafür müssen sie allerdings Immunsuppressiva anwenden, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko und leiden auch unter anderen Nebenwirkungen.

Da das Spritzen von Insulin bei Diabetes eine sichere und angemessen wirksame Behandlungsform ist, gilt die Unabhängigkeit von Insulin nicht als ein ausreichender Grund für eine Bauchspeicheldrüsentransplantation. Aus diesem Grund wird dieses Verfahren nur dann durchgeführt, wenn Diabetespatienten:

  • auch an Nierenversagen leiden

  • ihre Blutzuckerwerte nicht in einem akzeptablen Bereich eingestellt werden können, insbesondere wenn diese Menschen nicht wahrnehmen, wann ihre Blutzuckerwerte zu gering sind

Gelegentlich kann es bei einer zu langen Unterzuckerung zu dauerhaften Organschäden einschließlich des Gehirns kommen.

Da Diabetes häufig zu Nierenschäden führt, kommen viele Patienten, die ein Bauchspeicheldrüsentransplantat benötigen, auch für eine Nierentransplantation infrage. Insgesamt erhalten mehr als 90 Prozent der Empfänger eines Bauchspeicheldrüsentransplantats zeitgleich auch ein Nierentransplantat. Die Nierentransplantation erfordert eine Operation im Bauchbereich und anschließende Verwendung von Immunsuppressiva, sodass die zeitgleiche Transplantation einer Bauchspeicheldrüse nur wenige zusätzliche Risiken erzeugt.

Eine Bauchspeicheldrüsentransplantation kann für solche Personen von Nutzen sein, die Insulin spritzen und dennoch hohe Blutzuckerwerte haben und deren Blutzuckerspiegel manchmal nach dem Spritzen von Insulin gefährlich absinkt.

Gelegentlich werden nur bestimmte Zellen aus der Bauchspeicheldrüse transplantiert (sogenannte Transplantation von Inselzellen der Bauchspeicheldrüse).

Mehr als 95 % der Patienten überleben mindestens ein Jahr nach der Transplantation.

Sowohl Spender als auch Empfänger unterziehen sich einer Voruntersuchung (Screening) vor der eigentlichen Transplantation. Diese Voruntersuchung wird durchgeführt, um sicherzustellen, dass das Organ gesund genug für die Transplantation ist und dass der Empfänger keine Erkrankungen hat, die einer Transplantation im Weg stehen würden.

Spender

Spender sind in der Regel Personen mit folgenden Merkmalen:

  • Sie sind kürzlich verstorben.

  • Sie waren im Alter zwischen 10 und 55 Jahren.

  • Sie litten an keiner alkoholbedingten Erkrankung.

  • Sie litten nicht an Prädiabetes (Glukosespiegel im Blut, bei dem die Blutglukosespiegel zu hoch sind, um als normal angesehen zu werden, aber nicht hoch genug, um als Diabetes bezeichnet zu werden) oder Diabetes.

Im Falle einer Nieren- und Bauchspeicheldrüsentransplantation müssen sie vom selben Spender stammen.

Bisher wurden Bauchspeicheldrüsenteile von Lebendspendern eingesetzt, jedoch aufgrund von hohen Risiken für den Spender findet dieses Verfahren eine seltene Anwendung.

Verfahren bei einer Bauchspeicheldrüsentransplantation

Das Verfahren kann umfassen:

  • Gleichzeitige Transplantation der Bauchspeicheldrüse und Niere (simultane Nieren-Pankreas-Transplantation)

  • Nierentransplantation gefolgt von Bauchspeicheldrüsentransplantation (Bauchspeicheldrüsentransplantation nach vorausgegangener Nierentransplantation)

  • Lediglich Bauchspeicheldrüsentransplantation (alleinige Pankreastransplantation)

Eine Bauchspeicheldrüsentransplantation ist eine große Operation, die einen langen Schnitt in die Bauchdecke und eine Vollnarkose erfordert. Die kranke Bauchspeicheldrüse des Empfängers wird nicht entfernt.

Die Operation dauert gewöhnlich etwa drei Stunden; der Krankenhausaufenthalt liegt bei 1 bis 3 Wochen.

Medikamente zur Hemmung des Immunsystems (Immunsuppressiva), einschließlich Kortikosteroide, werden einen Tag nach der Transplantation eingeleitet. Diese Medikamente senken das Risiko einer Abstoßung.

Komplikationen bei einer Bauchspeicheldrüsentransplantation

Eine Transplantation kann verschiedene Komplikationen auslösen.

Abstoßung

Selbst wenn die Gewebetypen sehr gut übereinstimmen, werden im Gegensatz zu transfundiertem Blut transplantierte Organe für gewöhnlich abgestoßen, wenn nicht zur Vorbeugung gegen solch eine Reaktion bestimmte Maßnahmen ergriffen werden. Eine Abstoßung ist die Folge eines Angriffs des Immunsystems des Empfängers auf das transplantierte Organ, das das Immunsystem als Fremdkörper ansieht. Eine Abstoßung kann leicht und einfach kontrollierbar oder schwerwiegend sein, was zu einer Zerstörung des Organs führt.

Trotz der Anwendung von Immunsuppressiva treten bei 20 bis 40 Prozent der Patienten nach der Bauchspeicheldrüsentransplantation (mit oder ohne Niere) eine oder mehrere Abstoßreaktionen auf.

Bei einer gleichzeitigen Nieren- und Bauchspeicheldrüsentransplantation ist das Abstoßrisiko höher. Allerdings wird die Abstoßung zu einem späteren Zeitpunkt und deutlich häufiger als bei einer alleinigen Nierentransplantation beobachtet. In der Regel werden die beiden Organe abgestoßen. Die Behandlung der Abstoßreaktion hat jedoch eine hohe Erfolgsrate.